Enduro auf Crashkurs?

Michael PfuisiLesestoff1 Comment

Foto: Manfred Stromberg

Dem internationalen Enduro Sport geht langsam die Luft aus. Doch wie schaut es auf nationaler Ebene aus und wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?


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Wenn man in der österreichischen Gravity-Mountainbike-Szene herumfragen würde, welches Radl denn am häufigsten bewegt wird, würde man dieselbe Antwort erhalten, als würde man sich einen ganzen Tag in einen Bikepark hocken und tatsächlich nachschauen. Der Großteil wird antworten: „Mitn Enduro halt“.

Dass das Enduro-Radl so ziemlich alles kann, was der durchschnittliche Mountainbiker braucht, hat für die meisten aus der Formel n+1, n=1 gemacht. Ein Rad für alles. Bergauf, bergab, kaum etwas das nicht gut geht. Und das muss es auch, wenn man sich anschaut woher das Prinzip Enduro kommt. Die Renndisziplin Enduro selbst veranschaulicht, grob gesagt, einfach das Radln gehen mit Freunden. Gemütlich rauffahren, a Gaudi haben und bergab auf zapfigen Trails alles stehen lassen und versuchen die feinsten Lines zu erwischen.

Anita Gehrig Enduro World Series Petzen Jamnica 2018
Viele würden 2019 als Primetime des Enduro-Sports bezeichnen.
Foto: EWS

Wenn das dieses Enduro ist…

Die Anfänge des Enduro-Rennsports waren auch genau so. Der einzige Unterschied war nur ein Chip am Handgelenk. Lange Tage am Radl, neue Regionen und Trails kennenlernen und ganz viel Spaß haben. Doch mit der Zeit wurde der Sport immer professioneller. Der Abenteuercharakter wurde immer mehr in den Hintergrund gedrängt und aus freundlicher Rivalität wurde eine beinharte Disziplin, in der es wortwörtlich um Hundertstel geht. Bei diesen geringen Abständen muss man aus allem alles rausholen.

Ob man diese Entwicklung gut oder schlecht findet, darf jeder selbst für sich entscheiden. Gibt es doch genug Events, die mit Sicherheit für alle etwas bieten. Die Trans Madeira beispielsweise ist an Abenteuer kaum zu überbieten und bei der EDR hat man mit Sicherheit auch als eingefleischter Downhill-Racer Spaß.

Auf nationaler Ebene wird es hingegen düsterer. Wenn man herumfragt, wie es um den österreichischen Enduro Sport steht, bekommt man genau zwei Antworten. Einerseits ist der Einstieg ins Rennfahren so einfach wie noch nie. Die Trailpartie zeigt seit zwei Jahren, dass Enduro-Rennen kein Zwang sein müssen. Leute, die davor der strikten Überzeugung waren, niemals zwischen Bandln Trails auf Zeit zu fahren, sieht man nun bei jedem Stopp mit einem fetten Grinser ins Ziel kommen. Das Gefühl, dass die Zeitnehmung an diesen Wochenenden tatsächlich nur zufällig vor Ort ist und überhaupt nicht im Vordergrund steht, bekommt man von Mal zu Mal vermittelt.

Bei der Trailpartie geht’s mehr um Grinser als um Pokale.
Foto: Benjamin Hofmann

Andererseits gibt es auch noch das Lager der FahrerInnen, die sich genau wegen einer Zeitnehmung auf den Weg zu einem Event machen. Denen das Rennfahren wichtiger als das Bier am Vorabend ist und das einzige Ziel am Sonntag, so weit oben wie nur möglich auf der Ergebnisliste zu stehen. Für diese schauts in Österreich gar nicht (mehr) so gut aus.

Bis vor kurzem war die Enduro ÖM das eine ordentliche Enduro-Rennen im Jahr, für das man als ÖsterreicherIn keine Staatsgrenze übertreten musste. In letzter Zeit, schaffte enduro.tirol Abhilfe mit einigen jährlichen Events, die zwar auf große Beliebtheit stoßen, leider aber stark regional gehalten sind. Ein Satz, den man von StarterInnen der Serie sehr oft hört: „Wahnsinns Rennen, aber leider ka Stopp bei mir in der Nähe. Schad, dass des net a österreichweite Serie is.“


Ist Enduro noch relevant?

Bei der Betrachtung des StarterInnenfeldes fällt zusätzlich auf, dass Teilnehmerzahlen in den letzten Jahren geschrumpft sind. Die Ergebnislisten der Rennen, bei welchen um den Österreichischen Meisterschaftstitel gefahren wurde, sind seit 2020/21 deutlich kürzer. Davon abzuleiten, dass Enduro nicht mehr interessant sei, wäre vermutlich falsch. Den meisten ist der Weg in den Westen einfach zu weit, wenn man für ein Viertel des Startgeldes ein ebenso feines Rennen in Slowenien fahren kann, Mittagessen inkludiert!

Enduro-Tirol-2023
Die enduro.tirol Serie macht vieles richtig, aber nicht alles.
Foto: Jonas Schwarzwälder

Große Events zu organisieren ist nicht leicht und schon gar nicht billig, vor allem in Österreich. Viele Regulierungen und Vorschriften lassen Kosten schnell nach oben schnellen, aber bei manchen Rennen kann man sich nur wundern, was man mit den teils horrenden Startgeldern so alles mitfinanziert. Dazu kommt, dass es für viele Regionen einfach nicht dafürsteht, ein ganzes Wochenende mitten in der Saison große Teile des verfügbaren, legalen Trailnetzes zu sperren, das ja meist ohnehin überschaubar ist.

Wie es aber funktionieren kann, sieht man gut am Beispiel der SloEnduro Serie in Slowenien. Seit vielen Jahren ist es im Südosten Österreichs bereits usus, dass es für’s „seriöse“ Enduro-Rennfahren nach Slowenien geht. Viele Events im ganzen Land verteilt, Venues die nicht unterschiedlicher voneinander sein könnten und ein starkes Starterfeld bei beineinahe jedem Rennen. Von knapp 300 StarterInnen bei einem Enduro Rennen auf nationaler Ebene kann man in Österreich aktuell nur träumen.

Tino Huber SloEnduro Enduro Kamplc
Die SloEnduro Serie wächst von Jahr zu Jahr. Ein rein slowenischens Phänomen?
Foto: SloEnduro

Was es bräuchte

Mehr Vereine, Bikeparks oder Trailcenter müssten die Initiative ergreifen. Das Genussenduro der Do-Biker und der Do-Bikerinnen in Bruck an der Mur letzten Oktober war ein (bis auf die ein oder andere Strafwillkür) äußerst gelungenes Event. Lockere Atmosphäre, aber knackige und anstrengende Stages schließen sich halt nun mal nicht aus. Davon müsste es einfach mehr geben.

Mit Serien wie Trailpartie & enduro.tirol haben wir in Österreich einen extrem niederschwelligen und leichten Einstieg in den Enduro-Rennsport. Wenn man ein paar Jahre zurück schaut, war das nicht immer so und wir mussten oft ins benachbarte Ausland ausweichen um erste Rennerfahrungen zu machen. Man muss den Verantwortlichen hierfür also wirklich ein großes Lob aussprechen! Woran es aktuell noch bzw. wieder scheitert – wobei ich hier weniger die Verantwortung bei nationalen Instanzen sehe – sind Rennen, welche auf die EDR Serie aufbauen. Ähnlich wie es die Qualifier Serie früher war. Hier sehe ich die UCI bzw. EDR in der Verantwortung eine Serie zu etablieren, welche es jungen, motivierten Fahrern ermöglicht Punkte für eine etwaige EDR Teilnahme zu sammeln.

Peter Mihalkovits, EDR-Fahrer

Aktuell ist der heimische Enduro-Rennkalender noch sehr leer und wir wissen auch nicht, ob sich für 2024 noch Überraschungen verbergen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber nicht sehr groß. Trotzdem hoffen wir sehr stark, dass es sich in naher Zukunft für die heimischen EnduristInnen so viel tut, dass man beim Losfahren zu einem Rennen den Reisepass getrost zuhause lassen kann.


Eine Antwort zu „Enduro auf Crashkurs?“

  1. Avatar von floriantischhart
    floriantischhart

    First Lines-Mag Kommentar ever? Was für eine Ehre.

    An der Stelle ein großes Dankeschön an das Trailpartie Orga Team, die dem gepflegten Gaudi-Rennsport in Österreich seinen Platz gegeben haben.

    Neben einem Haufen Gaudi und der besten Community (Man kann echt mit jedem Schmäh führen!) bietet man ambitionierten jungen Fahrern ein gutes Pflaster, etwas niederschwelliger und ohne den elterlichen Druck (siehe XC, DH,…) Rennerfahrung zu sammeln. Für sein Startgeld bekommt man unglaublich viel, und man merkt in jedem Event, wie viel Herzblut, Aufwand und Freizeit drinsteckt.

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Über den Author

Michael Pfuisi

Noch recht frisch in der Bike-Szene, aber schon vollkommen von diesem Enduro-Virus befallen. Das zeigt seine Trailpartie-Süchtelei inkl. Prolog-Erfolgen. Die Grazer Trails sind sein Heimrevier, das er immer öfter für Stages mit Zeitnehmung verlässt.

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One Comment on “Enduro auf Crashkurs?”

  1. First Lines-Mag Kommentar ever? Was für eine Ehre.

    An der Stelle ein großes Dankeschön an das Trailpartie Orga Team, die dem gepflegten Gaudi-Rennsport in Österreich seinen Platz gegeben haben.

    Neben einem Haufen Gaudi und der besten Community (Man kann echt mit jedem Schmäh führen!) bietet man ambitionierten jungen Fahrern ein gutes Pflaster, etwas niederschwelliger und ohne den elterlichen Druck (siehe XC, DH,…) Rennerfahrung zu sammeln. Für sein Startgeld bekommt man unglaublich viel, und man merkt in jedem Event, wie viel Herzblut, Aufwand und Freizeit drinsteckt.

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