Die Krönung der Saison

Florian TischhartGeil wars, Rennen

Foto: Manfred Stromberg

Nur eine Woche nach dem dritten enduro.tirol Rennen in Sölden stand das Saisonfinale am Kronplatz auf dem Programm.


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Innsbruck, Kirchberg, lden… und Kronplatz! Während die ersten drei Orte bereits letztes Jahr Fixpunkte im Rennkalender der Serie waren, fügten die Organisator*innen im zweiten Jahr einen neuen Austragungsort hinzu.


Preview

Freitag, 7:35 – Es wird mittlerweile fast schon zur wöchentlichen Gewohnheit, sich Freitag früh mit Sack & Pack (& Bike) in Wien Meidling einzufinden, um mit dem (natürlich fürs Bike vorreservierten) Railjet Richtung Westen zu düsen. Doch wo fahren wir überhaupt hin? Kronplatz – Südtirol, so viel wusste ich bereits vor der Planung.

„schmale Enduro-Trails“, „echt cool dort“, „wird dir sicher taugen“: So oder so ähnlich lauteten die Aussagen von Leuten, die bereits dort waren. Dementsprechend war die Erwartungshaltung schon gehoben. Sogar hoch genug, um ausnahmsweise die zeitgleich (ungefähr 4 h weniger weit entfernt) stattfindende Trailpartie auszulassen.

Wie bereits im Hinblick auf Sölden eine Woche davor blickte ich fast täglich mit Spannung auf den Wetterbericht. Ich tat mir schwer, es zu glauben, doch dort änderte sich einfach nichts. Zweistellige Sonnenstunden, gut 20 Grad und Sonnenschein soweit die Prognose reichte. Was einerseits im Oktober etwas bedenklich ist, ist andererseits natürlich ideales Wetter zum Racen. Die Voraussetzungen könnten kaum besser sein.

Anreise

Die vier Stunden Zugfahrt nach Innsbruck konnte ich (ausnahmsweise mal) produktiv nutzen, daraufhin folgte gleich das erste „Rennen“ des Wochenendes: Ich hatte laut Fahrplan nur fünf Minuten Zeit für den Umstieg in den nächsten Zug. Der Railjet kam mit vier Minuten Verspätung in Innsbruck an. Folglich hatte ich nur eine Minute für den Bahnsteigwechsel mit Gepäck und Bike. Gerade als ich auf den Zug zusprintete, setzte er sich mit quasi-schweizer Pünktlichkeit in Bewegung. Doch der Lokführer erblickte mich im Augenwinkel, stoppte den Zug nochmal und ließ mich einsteigen. 40 Minuten später kam ich am Brenner-Bahnhof an, ich bedankte mich nochmal beim Lokführer, dass er mich nicht eine Stunde in Innsbruck warten ließ. So ging keine wertvolle Trainingszeit verloren. 🙂

Eineinhalb Stunden später passierte etwas, was mir noch nie in meiner Zug-Erfahrung passierte. Quasi ein Reise-Wunder: Ich erreichte meinen Zielbahnhof Bruneck eine halbe Stunde früher als von jeder Bahn-App angekündigt. So hatte ich mehr Zeit, schon am Freitag, die Trails zu erkunden. Doch wie das? Ich erwischte am Brenner einen früheren Zug, von dem die App nichts wusste. Dieser ermöglichte mir einen weiteren schnellen Umstieg in Franzensfeste. Doch 6h 25 war eh auch lang genug. Ich war froh, angekommen zu sein und freute mich aufs Biken.


Shakedown

Vom Bahnhof Bruneck aus schnell die 120 Höhenmeter zum Lift rauf, umziehen und direkt in die Gondel lautete das Motto. Schließlich war der Freitag bereits ein „offizieller Tag für inoffizielles Training“.

Komplett überwältigt von der 360-Grad-Aussicht kümmerte ich mich herzlichst wenig darum, wo ich eigentlich fahren sollte. So startete ich unabsichtlich direkt und ohne Warm-Up mit dem Crazy Bunny (Jumpline) und Furcia Trail (Wurzel-Geschepper). Komplett unbeweglich und überfordert musste ich mich zur Zurückhaltung zwingen. Nach dem nächsten Run am Dragon- & Gassl-Trail (Flowtrails) fühlte ich mich gleich viel wohler am Bike. Zum Abschluss des Tages ging es noch über den Herrnsteig samt all seiner technischen Varianten nach unten, bevor es in die nächste Pizzeria und anschließend ins Hotelbett ging.


Training

Pünktlich zum Trainingsstart Samstag Früh war unsere spontan zusammengewürfelte Partie vollständig: Gemeinsam mit Nils, Bernhard, Laurin & Luca machte ich mich auf den Weg.

Für die Überprüfung des Pflichttrainings fand das Organisationsteam diesmal notgedrungen eine sehr kreative Lösung. Anstatt Streckenposten den ganzen Tag mit Klemmbrett und Stift in der Landschaft stehen zu lassen, wurden kurzerhand Stempelkarten ausgeteilt, die an jedem Stage-Start zu stempeln waren. Ich finds nicht nur innovativ, sondern auch effizient.


Wie immer waren 6 Stages zu fahren. Wir starteten mit Stage 4 ins Training, dem Gassl-Trail. Hier gab es so gut wie keine Linienwahl, doch wir fanden dennoch an einer Stelle eine interessante Linie. Jetzt mussten wir uns nur am nächsten Tag an der richtigen Stelle dran erinnern. Ein schwieriges Unterfangen, denn jede Kurve sah gleich aus.

Anschließend ging es auf Stage 5, weil diese nachher nicht mehr fürs Training offen war. Wer den Herrnsteig kennt, weiß was Sache ist: schnell, lang, fordernd. Während der obere Teil eher High-Speed Bikepark-Berms hatte, folgten im Mittelteil zwei schnelle Geraden mit unzähligen Absätzen und Double-Optionen, wo man mit Mut und Streckenkenntnis viel Zeit holen konnte. Ich probierte 3-4 Varianten aus, bis ich meine Linie hatte. Direkt danach sprang ich bei einer uneinsichtigen, aber sehr schnellen Weidezaun-Überfahrt aus Holz etwas zu weit nach links in den Hang rein und katapultierte mich vom Bike. Glücklichweise blieb es bei einem verdrehten Lenker und einer gerissenen Hose. Der untere Teil der Stage war dann die technische Variante „Franz“. In steilem Gelände gab es dort unzählige Querfahrten und spitze Kurven. Ich bin glaub ich noch nie so eine vielseitige Enduro-Stage gefahren.

Fotos: Manfred Stromberg


Nach einem kurzen Transfer trainierten wir Stage 1, den „Alex“. Unzählige enge Kurven und Querfahrten, wo man Schwung halten musste, erwarteten die Fahrer. Da und dort wurden interessante Highlines ausgefahren. Generell hatte die Stage für mich bisschen einen Blinduro-Vibe, da man sich bei weitem nicht jeden Stein merken konnte, an dem man sich vorbeischummeln musste.

Gut 130 Höhenmeter später waren wir am Start von Stage 2, dem „Korer-Trail“. Dieser war noch verwinkelter als Stage 1. Fast in jeder Kurve versetzte ich das Hinterrad, wobei ich mir bis heut nicht sicher bin, obs was gebracht hat. Am Ende des ersten Teils querte man eine Forststraße, wo sich schnell die Option „Gap über den Straßengraben statt Schikane ausfahren“ etablierte. Ich probierte es zwei Mal erfolgreich aus, hatte aber wirklich kein gutes Gefühl dabei. Ein kleiner Fehler in der wurzeligen Anfahrt und es wär sich nicht ausgegangen (= absolut keine Option). So gesehen war ich fast etwas froh, als die Rennleitung alle Fahrer*innen am Abend über eine Tape-Änderung an dieser Stelle informierte, die das Gap unmöglich machte.


„He Nils! Die Inside da unten nicht vergessen.“

Nun ging es wieder mit der Gondel zu Stage 3, dem „Crazy Bunny“ & „Furcia-Trail“. Auf der sandigen Highspeed-Jumpline fühlte ich mich schon viel wohler als am Vortag. Dennoch brauchte ich für den ein oder anderen uneinsichtigen Sprung mehrere Anläufe, bis mein Commitment da war. Der untere Teil spielte mir mehr in die Karten, denn das war ein wurzelig-steiniger Bikepark Trail mit viel Line-Choice. Hier nahmen wir uns ausreichend Zeit zum Besichtigen, bevor wir Laurins zerschnittenen Reifen mit einem riesen Tire-Plug wieder rollbar machen mussten.

Party-Train zu Stage 6 – Foto: Manfred Stromberg

Zum Ende des Tages fehlte uns noch Stage 6 „Andreas“, die sich teilweise mit Stage 1 die Strecke teilte. Um dorthin zu kommen, nahmen wir den Party-Train direkt im Anschluss an das Youngsters Race. Stage 6 war nochmal ein echtes Highlight, ebenfalls mit vielen engen Kurven und Wurzeln gespickt.


Das Rahmenprogramm am Abend versteht sich von selber: frisch machen, Pizza essen, Blackrollen & Stretchen und den driftenden Fiat Panda 4×4 am Schotterparkplatz anfeuern.


Raceday

11:00 Rollout erlaubte ausreichend Schlaf und ein ausgiebiges Frühstück. Dennoch war ich körperlich nicht annähernd bei 100% in der Früh. Da halfen leider auch Kaffee und Dance-Warm-Up nur wenig, doch der 300 Höhenmeter-Uphill zu Stage 1 brachte schließlich etwas Schwung in meinen Kadaver.

Fotos: Manfred Stromberg


Auf Stage 1 erwischte ich alle Lines nach Plan, doch ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich aus den engen Kurven raus einfach nicht von der Bremse weggekommen bin. Im Ziel war ich aber endlich im Race-Modus und hellwach. P11 Overall auf der Stage war ein solider Start in den Tag.

Fotos: Manfred Stromberg


130 Höhenmeter später fand ich mich in Stage 2 wieder. Im oberen Teil kam ich nicht wirklich in den Flow, ich bremste gefühlt immer bissl zu spät. Mit etwas Ärger im Bauch versuchte ich, alles was geht rauzuholen im saftigen Gegenanstieg. Den anschließenden Teil musste ich dadurch jenseits von 190 Puls bewältigen, nach kurzem Erholungs-Cruisen funktionierte die Brechstangen-Methode aber ganz okay in den letzten paar Kurven. P13 auf der Stage.

Stage 2 forderte Skills und Watts. – Foto: Manfred Stromberg

Fotos: Manfred Stromberg

Zu Stage 3 folgte der erste Gondel-Transfer des Tages. Nils und ich deckten uns für die Fahrt mit Snacks ein, dazu schalteten wir uns während der Gondelfahrt live per Video zur Trailpartie dazu, um ein Update zu geben und zu erhalten.

Oben angekommen merkten wir sofort: Es ist sau windig geworden. Ideale Voraussetzungen, um eine Jumpline zu racen sehen anders aus, aber ich versuchte mit etwas Vorsicht das Beste draus zu machen. Im unteren Teil parkte ich mich in einer Kurve in einer falschen Line ein, der Rest funktionierte wie geplant. P17 auf der Stage sagte mir aber, dass da mehr drin gewesen wäre. Im Ziel sah ich Nils mit einem Platten, doch sein Insert bewahrte ihn vor gröberem und wir konnten den Reifen mit Plugs flicken.

Fotos: Manfred Stromberg


Mit der Gondel gings wieder hinauf auf den höchsten Punkt. Dann folgte ein Transfer auf Trail zu Stage 4. Diese war ein Flowtrail mit relativ flachen Anliegern: Verdammt einfach zu fahren – verdammt schwer zu racen. Man musste möglichst nah ans Limit hinfahren, ohne es zu überschreiten. Mit etwas Reserve kam ich gut durch, auch die Inside Line aus dem Training erwischte ich wie geplant. P10 für mich – Nils finishte die Stage sogar auf P2.

Interessante Streckenführung am Transfer

Mit der Gondel gings wieder nach ganz oben, es stand die längste Stage am Programm. In der EWS hätte man hier vermutlich von der Queen Stage gesprochen. Rundherum braute sich ein Regenguss zusammen, doch der Kronplatz blieb fest in Sonnenhand. Ich war heilfroh darüber.

Schnell noch stärken für die längste Stage – Foto: Manfred Stromberg

Der obere Teil des Herrnsteigs lief nach Plan, an den sketchy Stellen aus dem Training nahm ich etwas raus, an vielen anderen versuchte ich zu pushen. Beim Highspeed Teil hatte ich Riesenspaß, war aber doch froh, als ich durch war. Die darauffolgende technische Passage mit zahlreichen Spitzkehren, Wurzeln und Steinen war ein Augenschmaus für Enduro-Racer. Im unteren Teil machte sich die Stagelänge dann aber schon deutlich bemerkbar, immerhin brachten wir es auf fast sieben Minuten. Nach 1-2 Minuten Erholung im Ziel am Boden blickte ich ins Live Timing: P15 auf der Stage.

Fotos: Manfred Stromberg


Wir rollten möglichst kraftsparend zur letzten Stage, auch auf dem kurzen Anstieg machten wir uns keinen Stress. Stage 6 war zwar die kürzeste des Rennens, aber dennoch ein Trail, wo man schnell viel Zeit verlieren kann. Nach fünf mehr oder weniger sauberen Stages hängte ich auch noch eine sechste dran. Frei nach dem Motto „Consistency is Key“ brachte ich die Stage auf P14 ins Ziel.

Frische Erde war auch dabei, vor allem auf Stages 1, 2 und 6. – Foto: Manfred Stromberg

Am Gegenanstieg drei Kurven vor dem Ziel sah ich eine Kette liegen. Ich dachte mir nicht viel dabei, bis ich im Ziel das Santa-Cruz-Mercedes-AMS vom Nils sah. Dort fehlte eine Kette. Glücklicherweise war sie nur einen Katzensprung entfernt.

Nils und seine Kette wiedervereint.

Am Ende des Tages

Wir rollten zufrieden ins Ziel, wo jeder seine eigene Rennstory zu erzählen hatte. Wie die meisten schaute ich vermutlich auch ziemlich müde drein. Doch wie sagte enduro.tirol-Mastermind Verena so schön nach dem Rennen: „Das ist die gute Art von Müdigkeit“.

Nach über 26 Minuten Stagezeit fand ich mich auf P11 in der Elite (P13 Overall) wieder, Nils landete sogar auf Platz 6 (P7 Overall).


Fotos: Manfred Stromberg

Gleich nach unserer Zielankunft wurde der siegreiche Lokalmatador Jan Laner von seinen Homies wie wild gefeiert und bereits mit sprudelndem Traubensaft übergossen. Er gewann vor Kevin Maderegger und Felix Bauer. Auch bei den Mädels blieb der Sieg in lokaler Hand, Nadine Ellecosta konnte sich vor Hanna Steinthaler durchsetzen.

Podium Elite Men & Elite Women – Foto: Manfred Stromberg

Its a Wrap! Nach vier Rennen wurden auch die Sieger*innen in der enduro.tirol Gesamtwertung der jeweiligen Kategorien gekürt. Hier wurde jede Menge Preisgeld und Spritzwein ausgeschüttet.

Das enduro.tirol Overall Siegerbild – Foto: Manfred Stromberg
v.l.n.r.: Hanna Steinthaler (Pro Elite Women), Lars Pfeifer (Open Men), Kevin Maderegger (Pro Elite Men), Leni Epp (Junior Women), Laura Kaspar (Masters 35+ Women), Sandro Permoser (eMTB Men), Walter Martinschitz (Masters 35+ Men) & Lilly Schäfer (Open Women)


Das Rennen übertraf die extern aufgebauten Erwartungen voll und ganz. Ich würde sagen, eines der coolsten Rennen, die ich je gefahren bin. Anfang Oktober, auf solchen Trails, unter solchen Conditions, mit solchen Leuten racen legt die Benchmark schon sehr hoch für die Zukunft.

Wer den Kronplatz nicht kennt, hinfahren zahlt sich aus. – Foto: Manfred Stromberg

Herzlichen Dank allen Beteiligten! Kronplatz, ich komme wieder (mit und ohne Zeitnehmung)!

Über den Author

Florian Tischhart

Startnummernsammler, fast so viel im Zug wie am Radl, immer Inside Line.

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