Der Start jedes guten Projektes beginnt mit Blauäugigkeit. Wüsste man davor schon genau was auf einen zukommt, würde man dankend ablehnen. LINES ist keine Ausnahme. Wir sind zweistellig und feiern unser Dreijähriges – dank einer vernünftigen Portion Naivität.
Nicht, dass wir komplett planlos in das Projekt „erstes österreichisches Gravity-Mountainbike-Magazin“ gestartet wären. Wir hatten alles gut durchdacht und vorbereitet. Erfahrung war aber Mangelware. Gott sei Dank. Das hat uns nämlich auch einen frischen Blick auf die ganze Branche ermöglicht. Keine Marketing-Verpflichtungen, keine Freunde die zufrieden zu stellen sind. Das, was wir im Kopf hatten und für lässig befanden, machten wir.
Eurobike, die erste
1.080 fertig gestaltete Seiten später lässt sich leicht über unsere erste Eurobike als LINES lachen. Damals brauchten wir Geld und die Anspannung war entsprechend groß. Mit Issue #1 in der Hand und einer selbstbewussten Schleife rundherum machten wir unseren Weg durch die Hallen. Das Gespräch lief dann meist so:
„Hallo. Wir machen ein neues Mountainbike-Magazin.“
„Aha. Das kann jeder sagen.“
„Nein, wir meinen das ernst. Hier ist unsere erste Ausgabe.“
„Oh, da habt ihr eine schöne Sonderausgabe für die Eurobike gemacht.“
„Wie? Nein! Das ist unser Standard. So wird jede unserer Ausgaben.“
„Jaja.“
Szene-würdig?
Das wir trotzdem nicht ganz unerfolgreich waren, zeigt der Umstand, dass es uns dreimal Friedrichshafen später noch gibt. Viel mehr Kopfzerbrechen als unser Eindruck bei Firmen bereitete uns aber, wie uns wohl die Szene aufnehmen würde. Stellt man sich den gemeinen Bikepark-Shredder vor, dann schöpft der mit einer Gravity Card sein Jahresbudget für bedrucktes Papier schon ziemlich aus. Für ein Magazin, besonders ein unbekanntes, bleibt da wenig Platz. LINES hat sich aber flott als Szene-würdig erwiesen – dank Early-Adoptern und Fürsprechern wie Steve Königsmayr, Stevie Schneider, Erich Wieland und vielen anderen. Besten Dank dafür!
Ehrlich
Im Gegenzug haben wir immer ein ehrliches Magazin gemacht, das die Interessen der österreichischen Gravity-Szene vertritt. Wir können guten Gewissens behaupten uns nicht verbogen und unsere Leser nie hinters Licht geführt zu haben. Wenn die Downhill ÖM auf der Nordkette zu lang ist, dann schreiben wir das. Wenn uns ein Wald-und-Wiesenrennen wie das Lakeside Race mehr taugt als alle groß aufgezogenen Events, dann schreiben wir das. Alles mit einer positiven Grundstimmung, weil Biken gleich Spaß ist, aber halt ehrlich. Und was uns bei all der trocken-technischen Schreiberei, die man sonst zu lesen bekommt, besonders wichtig war und ist: LINES hat Selbstironie. Wir können über uns lachen. Sollten wir das jemals verlieren, dann kündigt bitte euer Abo. Enduro-Jeans-Test statt Lenkkopfsteifigkeitsnewtonmeterangaben ist unsere Prämisse. Weil wir nicht die Welt retten, sondern mit dem Radl durch den Wald fahren.
Es ist viel passiert
In einem ruhigen Moment haben wir mal zurückgeschaut und reflektiert, was in der Bugwelle von LINES so aufgekommen ist. Einige von euch versuchen uns gar den Aufschwung des Gravity-Bikens hierzulande auf die Fahnen zu tackern. Das schmeichelt uns, müssen wir aber dankend ablehnen. Über Jahre kürzer werdende Winter haben da wohl eine Spur mehr Einfluss als ein 25 x 34 cm großes, 850 Gramm schweres Printpackerl, das dreimal jährlich erscheint. Objektiv betrachtet ist trotzdem viel passiert. Es gibt jetzt eine Übersicht, wo man sich am nächsten Wochenende bei Downhill- oder Enduro-Rennen eine Startnummer auf den Lenker schnallen kann. Neue Strecken sind keine Solo-Domäne der Mundpropaganda mehr. Österreich hat eine eigene Downhill- und Pumptrack-Rennserie. Es ist außerdem das einzige Land – soweit uns bekannt – mit einem Winter-Downhill-Cup. Verdiente VIPs (wer wusste schon wie Hannes Slavik auf einem Citybike ausschaut oder dass Markus Pekoll seine Augen trainiert) und die begeisterte Masse (Stichwort Bike Pulling, Shot in Thrill) bekomm eine Bühne. Leistungen heimischer Fahrer werden wöchentlich gewürdigt und lokalen sowie internationalen Augenschmaus gibt’s zum Wohnzimmerwand verschönern.
Vorwärts
LINES ist und bleibt ein unabhängiges Magazin (auf das richtige, 7-stellige Kaufangebot warten wir noch). Das hat einerseits den Vorteil, dass wir machen können, was uns taugt. Andererseits könnt ihr bei fast jedem Bike-Event einen der sechs Burschen an die Kandare nehmen, der den Rechtschreibfehler in der siebten Zeile im dritten Absatz auf Seite 83 verbockt hat. Etwas überzeichnet, aber auf euer Feedback kommt’s an. Wir wollen schließlich auch die nächsten 9.000.000 gedruckten Seiten so gestalten, dass ihr beim ersten Blättern durch’s druckfrische Magazin Augen wie ein Kleinkind vorm Legoland bekommt. Von uns aus kann’s gerne so weitergehen. Danke für alles bisher, over and out!
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