Neuer Trainer für’s Jugend-Downhill-Nationalteam

Christoph Berger-SchauerSzene

Marcell Frey ist seit 1.1.2024 der neue Nationalteamtrainer für die Downhill-Jugend. Ein Antrittsgespräch über seine Position, den Status quo und seine Herangehensweise.


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LINES: Hallo Marcell, darf ich dich ganz kurz bitten, dass sie du dich selber vorstellst?

Marcell Frey: Ich bin Marcell Frey. Ich fahre seit meiner Jugend Downhill und habe relativ früh mit dem Rennfahren angefangen, damals im Rookies Cup. Hatte da auch so eine kleine Crew, mit der ich dann die Rennen bestritten habe. Das war eine richtig coole Zeit. Und dann ist es halt immer ernsthafter geworden. Bis 2022 habe ich das Rennfahren recht ambitioniert betrieben und bin hauptsächlich IXS Downhill Cups und European Cups gefahren. Seit ich beschlossen habe, dass mit dem Rennenfahren Schluss ist, habe ich meinen Fokus auf das Trainerdasein gelegt. Das war auch schon immer mein Ziel, dass ich im Mountainbike Gravity-Bereich als Trainer tätig sein werde. Passend dazu habe ich auch mein Studium gewählt. Ich habe Training und Sport an der FH Wiener Neustadt studiert, weil ich die Hintergründe von sportlicher Leistung verstehen wollte und mich der Trainingsprozess immer schon interessiert hat. Ich freue mich jetzt sehr darauf meine gesammelte Erfahrung und mein Wissen im Downhill U15-/U17-Nationalteam an die jungen Fahrerinnen und Fahrer weitergeben zu können.

Marcell Frey

Marcell Frey, 29 Jahre, lebt in Wiener Neustadt (NÖ) und ist seit 1. Jänner 2024 Trainer vom Jugend-Downhill-Nationalteam. Er war selbst fleißig bei Downhill- und Enduro-Rennen am Start, hat an der FH Wiener Neustadt Training und Sport studiert und den Mountainbike Gravity-Instruktur an der BSPA Innsbruck gemacht.

LINES: Du kommst ja eigentlich aus dem Trainingsbereich – mit Forward Athletik, richtig?

Marcell: Ja, genau. Das ist eben meine Firma, die ich gegründet habe, um spezialisierte Trainingsbetreuung für den Mountainbike Gravity-Bereich anzubieten. Damals, als ich auf der Suche nach Trainern war, habe ich nichts für den Downhillsport gefunden. Das ist mittlerweile ein bisschen besser geworden, aber es gibt halt immer noch relativ wenig und ich wollte einfach in diesem spezialisierten Bereich eine Lücke füllen mit Forward Athletik. Ich trainiere seit einigen Jahren schon Enduro- und Downhill-Fahrer, vor allen Dingen auf der athletischen Seite und auch auf der fahrtechnischen Seite.

LINES: Deine neue Position heißt Downhill-Nationalteamtrainer Jugend, also für die U15 und U17. Wie bist du dazu gekommen?

Marcell: Ich stand schon länger in Kontakt mit dem bisherigen Nationalteamtrainer Philipp Podbrecnik. [Anm: Der sich jetzt ausschließlich um das Elite- und U19-Downhill-Nationalteam kümmert]. Ich habe dann die neue Instruktorausbildung Mountainbike Gravity von der BSPA Innsbruck gemacht. Was ich eine richtig coole Geschichte fand, dass da wirklich für diesen speziellen Bereich, Mountainbike Gravity, eine Trainer-Ausbildung angeboten worden ist und wird. Und dort bin ich dann immer mehr in Kontakt mit dem ÖRV gekommen, wodurch es dann einige Gespräche gegeben hat. Und im Zuge dieser Gespräche bin ich dann vom ÖRV aufgenommen worden. Es war jetzt nicht von heute auf morgen. Es war ein Prozess.

LINES: Magst du eine kurze Analyse zu dem Umfeld abgeben, für das du ab sofort verantwortlich bist? Wie sieht der Status quo in den Klassen U15 und U17 aus?

Marcell: Ich meine, es ist jetzt schwierig. Ich habe einige noch gar nicht in der Realität kennengelernt und auch noch nicht fahren sehen. Ich kenne quasi nur die Namen und Ergebnisse. Darum will und traue ich mir jetzt keine richtig gute Analyse abgeben. Ich muss mir noch in der Realität ein bisschen ein besseres Bild verschaffen. Ich glaube, dass wir gerade im weiblichen Bereich aktuell sehr gut aufgestellt sind. Das ist relativ offensichtlich. Qualitativ passt es, leider schaut es dafür quantitativ, hier nicht so gut aus. Bei den Burschen schaut es jetzt auch nicht so schlecht aus, was die nackten Zahlen anbelangt. Aber ich bin immer ein Fan davon, dass man sich in der Realität ein Bild macht, bevor man da nur nach Zahlen geht – es stehen immer Menschen hinter der Leistung. Das darf man nicht vergessen. Also ich glaube, dass wenn wir in ein paar Monaten nochmal sprechen, ich dir eine bessere Analyse abgeben kann.

LINES: Wie wirst du deine Arbeit angehen? Was sind deine Ziele? Was ist dir wichtig?

Marcell: Also eine meiner Hauptaufgaben ist die Organisation von Trainingsmaßnahmen für das Nationalteam. Da bin ich gerade dabei die zu planen, wann und wo die stattfinden werden. Bei den Trainings geht es einfach darum, dass die besten Nachwuchsfahrer von Österreich im Team zusammenkommen und konzentriert, in einem organisierten Rahmen, trainiert wird. Es gibt viele Fahrerinnen und Fahrer, die auch Heimtrainer haben oder wo der Landesverband relativ aktiv ist. Aber es ist nicht überall so.

Mein Ziel wäre es vielleicht auch – da muss ich mal schauen wie ich das schaffe –, dass man abgesehen von den fahrtechnischen Dingen einfach allgemein auch zur Athletik-Entwicklung Input den Fahrerinnen und Fahrern gibt, weil es doch eine wichtige Komponente ist. Und je früher man da ein gewisses Verständnis dafür entwickelt, desto leichter tut man sich – wenn man mal den Weg in den Elitebereich weitergehen möchten.

Eine weitere Aufgabe sind Scouting-Maßnahmen. Das sind einzelne Trainingstage in verschiedenen Regionen, wo auch Fahrerinnen und Fahrer hinkommen können, die eben noch nicht im Nationalteam sind und einfach mal mitmachen können mit uns. An diesen Tagen kann ich dann auch potentielle Fahrerinnen und Fahrer für den Kader besser kennenlernen als bei den Nachwuchsrennen. Damit möchte ich mir ein gutes Bild über Gesamt-Österreich verschaffen, was im Nachwuchs passiert und dass eben engagierte Fahrer und Fahrerinnen irgendwie die Möglichkeit bekommen sich zu präsentieren. Das wäre mein Ziel für diese Scouting-Tage.

Und ansonsten ist halt die EM natürlich das Highlight im U15-/U17-Bereich. Da bin ich für die Organisation der Entsendung verantwortlich und auch in der Betreuung dann vor Ort mit einem Betreuerteam.

Was mir wichtig ist, weil du gesagt hast, wie ich die Arbeit angehen werde: Ich weiß, dass der Leistungssport manchmal ein ziemlich dunkler Ort sein kann und mir wäre es einfach wichtig, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten es irgendwie schaffe, die jungen Rennfahrer:innen dabei zu unterstützen, dass sie in einem gesunden Ausmaß agieren. Kurz: Die sollen einfach den Spaß nicht verlieren. Im Leistungssport geht es um Leistung. Beim Rennfahren geht es darum, sein Bestes zu zeigen und dann natürlich am Ende vom Tag um Resultate. Aber es gibt halt eben immer noch diese menschliche Komponente und die möchte ich dabei nicht vergessen, dass hinter jedem Ergebnis ein Mensch steht. Es gibt die eine Art Professionalität und es gibt die andere Art von Professionalität, die vielleicht dann nicht mehr so gesund ist. Und da würde ich gerne irgendwo richtungsweisend sein in Zusammenarbeit mit den Landesverbands- und Heimtrainern. Da bin ich gerade ein bisschen dabei zu schauen, dass ich mit denen in Kontakt trete, dass wir uns absprechen. Weil ich habe nur begrenzte Kontaktmöglichkeiten im Rahmen des Nationalteams und die Heimtrainer und Landesverbandszene haben vielleicht viel mehr Zugriff auf die Sportler und Sportlerinnen. Da ist mir der Austausch einfach wichtig, dass wir da an einem Strang ziehen.

Marcell Frey bei der auner Austrian Gravity Series 2021 am Semmering.
Foto: Friedrich Simon Kugi

LINES: Wie viele Fahrer und Fahrerinnen sind aktuell unter deinen Fittichen?

Marcell: 15.

LINES: Angenommen ich bin zwischen 13 und 16 Jahren und noch nicht bei diesen 15 dabei. Wie komme ich ins Jugend-Nationalteam?

Marcell: Alle Qualifikationskriterien fürs Jugend-Nationalteam stehen im Riders Guide. Hauptsächlich ausschlaggebend sind Resultate bei ausgewählten Nachwuchsrennen, aber zum Beispiel auch die Einstellung zum Sport wird beachtet. Der Riders Guide für 2024 wird auf der ÖRV-Webseite abrufbar sein, sobald alle relevanten Renntermine fix sind.

LINES: Wo siehst du jetzt, quasi außerhalb von deinem Bereich, Ansätze um Downhill populärer zu machen? Was braucht es, dass der Downhill-Nachwuchssport noch attraktiver wird?

Marcell: Also ich glaube, dass wir in Österreich eine richtig gute Ausgangslage haben von der Infrastruktur her. Also die Möglichkeiten sind auf jeden Fall da. Der Einstieg ist relativ – in Anführungszeichen – niederschwellig geworden, wenn man von den Kosten jetzt mal absieht, weil es eben immer mehr Trails und Bikeparks gibt. Das heißt Trainingsmöglichkeiten sind gegeben. Eine Rennserie für den Nachwuchs mit der Austrian Gravity Series auch. Das heißt, da gibt es einen niederschwelligen Einstieg in den Rennsport. Ab einem gewissen Alter – 15, 16, 17 Jahre – entscheiden sich dann allerdings viele aus dem Rennsport auszusteigen, weil sie merken, dass man doch viel Zeit investieren und „arbeiten“ muss, wenn man wirklich weiterkommen möchte. Sei es athletisch oder fahrtechnisch – und eben nicht nur Bikepark shredden. Und ich glaube, da hapert es am allermeisten. Weil ich glaube eigentlich ist genug Nachwuchs da. Zumindest, so dass eine gewisse Breite gegeben ist. Da muss man irgendwie schauen wie man es schafft die im Business zu halten und Rennfahren attraktiv zu machen. Es ist wichtig, dass die Fahrer und Fahrerinenn verstehen, dass Erfolg nicht von heute auf morgen kommt. Viele geben ihre Ziele denke ich auch zu früh auf, weil sie glauben sie werden eh nichts erreichen.

Ein möglicher Ansatz: In Österreich finden relativ wenige Rennen statt, die über die AGS hinausgehen, die dann quasi so ein Bindeglied zwischen Europacup und AGS sind. Vielleicht etwas, wo man auch schon Weltranglistenpunkte holen kann, die dann für die Qualifikation für den Weltcup wichtig sind. Das geht eben nur über einen iXS oder über den iXS European Cup. Die sind halt meistens weit weg, wenn man in Österreich wohnt. Ich glaube, das ist auch ein Grund, warum dann viele nicht mehr so committed sind, weil sie dann sehr weite Reisen auf sich nehmen müssen. Vielleicht schafft man es in Zukunft die AGS aufzuwerten oder mehr iXS Cups nach Österreich zu holen. Damit würde die Rennszene insgesamt größer werden, auch im Erwachsenenbereich und somit mit hochkarätigeren Startern auch attraktiver. Ich denke das könnte eine gewisse Sogwirkung für den Nachwuchs haben.

LINES: Zum Abschluss: Wo trifft man dich am ehesten? Wo bist du meistens unterwegs?

Marcell: Wenn ich Radl fahr’, dann bin ich meistens entweder in Mödling, also am Anninger unterwegs zum Enduro fahren. Oder am Semmering, in Maribor. Schladming ist auch noch ganz gut in der Nähe. Schöckl im Winter. Also alles in und um Niederösterreich.

LINES: Marcell, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für deine Arbeit als Jugend-Nationalteam-Trainer.

Über den Author

Christoph Berger-Schauer

Dicke Schlappen, schmale Reifen, bergauf, bergab – ist für alles zu begeistern, nur flach darf es nicht sein. Unbekehrbarer Fahrrad-Afficionado, seit einiger Zeit vom Enduro-Virus befallen. Schreibt nieder, was andere nicht in Worte fassen können.

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