Mehr spaßig als schnell

Michael PfuisiMaterial

Fotos: Friedrich Simon Kugi

Im Februar dieses Jahres stellte Pivot die neuerste Auflage ihres Trailbikes Switchblade vor. Einen ersten Überblick vom Radl haben wir bereits gebracht. Nun durfte ich das Bike gute zwei Monate fahren und konnte mir ein eigenes Bild machen.


Bikehotels Südtirol

Was ist neu?

Wenn man das neue Switchblade in freier Wildbahn sieht, würde man es auf den ersten Blick kaum vom Vorgänger unterscheiden können. Aber nicht nur optisch macht das 2024er Modell keinen großen Sprung, sondern auch bei den Geometriewerten liegt es nah am vorherigen Switchblade. Laut Pivot war das Ziel aber ohnehin nicht ein komplett neues Bike zu designen, sondern dem bestehenden einen Feinschliff zu geben. Das bedeutet, dass man beim DW-Hinterbau die Kinematik überarbeitet hat, der Lenkwinkel ein wenig abgeflacht wurde und den Sitzwinkel steiler gemacht hat. Einen Kofferraum im Unterrohr findet man beim Pivot zwar nicht, dafür gibt es aber auf der Unterseite des Oberrohrs eine Befestigungsmöglichkeit für Werkzeug und Co. Für diese bietet Pivot selbst fünf verschiedenen Halterungen an, mit welchen Multitool, CO2 Kartusche etc. am Radl fixiert werden können. Beim Bike dabei ist aber keiner, was beim hohen Preis des Switchblades durchaus gerechtfertigt wäre.


Das Modell im Test

Das Radl im Test war in unserem Fall das Topmodell. Switchblade Team XX AXS Transmission 2024 ist der genaue Modellname. In Größe Large kommt man ohne Pedale gerade einmal auf 14,5 kg.
Für den stolzen Preis von 12.199 € bekommt man ein Fox Factory Fahrwerk, bestehend aus einer 36er Gabel mit Grip2 Dämpfer und einem Float X Dämpfer.

Geschalten wird mit dem neuen SRAM XX Transmission Antrieb und fürs Bremsen sind SRAM Code Ultimate Stealth zuständig. Ein weiteres Austattungshighlight am Papier sind die DT Swiss Carbonlaufräder und die Rock Shox Reverb AXS Sattelstütze. Upgraden kann man also kaum mehr was. Zumindest fast, doch dazu später ein bisserl mehr.


Geometrie

Obwohl man das neue Switchblade der klassichen Länger-Flacher-Behandlung unterzogen hat, liest sich die Geometrietabelle keineswegs extrem oder gewagt. Ein Lenkwinkel von 65,7° kombiniert mit einem Reach von 485 in Large liegt recht genau in der Mitte, exakt wo dieses Radl auch sein soll. Durch den Flip-Chip lassen sich die Winkel noch ein wenig verändern, genauer gesagt um ein halbes Grad. Der Unterschied der beiden Positionen ist aber minimal und am Trail kaum spürbar. Beim Umbau auf Mullet von einem kompletten 29er Setup, empfiehlt es sich aber den Flip-Chip auf High zu stellen, da sich die Geometrie ansonsten zu stark verändert. Gefahren bin ich das Rad aber durchgehend mit einem 29er Hinterrad und großteils in der niedrigen Position.


Setup

Gefahren bin ich das neue Switchblade gut zwei Monate lang primär auf Trails in und rund um Graz. Kenner der Region wissen, dass man hier so gut wie alles an unterschiedlichen Gelände- und Trailarten abdecken kann. Egal ob steil, verblockt steinig oder frischer Waldboden. Das Pivot hat so gut wie alles gesehen. Eines kann man aber gleich vorweg sagen – ein Enduro ist es auf keinen Fall.

Beim Setup startete ich standardmäßig mit den Empfehlungen von Fox und Pivot was Luftdruck bzw. SAG betrifft. Nach einigen Ausfahrten und kleineren Anpassungen endete ich mit 20 Prozent SAG in der Gabel und 30 am Heck. Die Druckstufe war, bis auf vier Klicks LSC bei der Gabel, komplett offen und der Rebound ein wenig schneller als empfohlen.

Mit dem Grip2 Dämpfer in der Gabel könnte man ja bekanntlich Jahre verbringen um ein perfektes Setup zu finden, ich konzentrierte mich aber darauf ein einigermaßen gutes zu finden, ohne mich nur darauf konzentrieren zu müssen. Beim Dämpfer hatte ich dann aber mehr Schwierigkeiten und muss feststellen, dass ich es nicht geschafft habe diesen auf ein Niveau zu bringen, welches sich gut anfühlte. Entweder funktionierte der Hinterbau gut auf gebauten, flowigen Trails oder okay auf roughen, steileren Wegerl – nie aber auf beidem. Mit den Settings, bei denen ich schlussendlich blieb, glänzte das Radl dann auf ersteren, wo es sich aber schon von Haus aus wohler fühlte.


Bergauf

Schon beim ersten Mal lostreten merkt man sofort, dass das neue Switchblade bergauf eine äußerst gute Figur macht. Der relativ steile Sitzwinkel sorgt für eine komfortable Position am Bike, ohne auf flachen Passagen zu viel Gewicht nach vorne auf den Lenker zu schieben. Bei meiner Körpergröße von 188cm passte mir das Large perfekt und ich fühlte mich nie zu kompakt oder gestreckt. Auch nicht auf engen, technischen Uphills. Zur starken Performance trugen aber auch das niedrige Gesamtgewicht von 14,5 kg (ohne Pedale in L), die Carbonlaufräder und die dünne Exo und Exo+ Bereifung bei. Das Fahrwerk und der Hinterbau fühlten sich ebenso sehr effizient an und viel Bewegung des Dämpfers beim Treten gab es nicht.


Bergab

Um ein gutes Gespür für ein neues Radl zu bekommen, fahre ich zunächst immer meine Haus und Hof Runde, welche die Trails am Plabutsch, auf der Platte und am L***** beinhaltet. Diese Wegerl wurden mit dem Radl dann auch zu rund 80 Prozent der Zeit gefahren. Auf den gebauten Trails auf der Platte, wie dem Enzi-Trail, fühlt sich das Radl sofort zu Hause. Der poppige Hinterbau und die steifen Laufräder katapultieren einen gefühlt aus jedem Anlieger und durch das niedrige Gewicht braucht das Bike so gut wie keinen Input, um vom Boden abzuheben.

Geht’s dann aber weg von flachen Flowtrails hin zu steilen und roughen Strecken, kann das Pivot mit einem Enduro aber kaum noch mithalten. Der Hinterbau ist bei kleinen schnellen Schlägen besonders am Anfang des Federwegs sehr hart. Das bedeutet zwar mehr Gegenhalt, aber dadurch auch weniger Grip. Verstärkt wird dieses Gefühl bei blockiertem Hinterrad und generell beim Bremsen. Dabei fühlt sich das Switchblade fast schon wie ein Hardtail an und kann wenig bis gar keinen Grip generieren, sodass man schnell in ein unkontrolliertes Rutschen und Schieben kommt. Man fühlt sich mit dem Bike andauernd loose und ich hatte selbst auf Trails, die ich in und auswendig kenne, ungewöhnlich viele sktechy Momente. Wird es dann aber wieder flacher, hat man das ganz gegensätzliche Gefühl und aus einer eher unkontrollierter Fahrweise wird wieder eine verspielte.

Wie gesagt hatte ich dieses Gefühl aber nur in schnellen Passagen. Ist es steil und verblockt und dadurch generell etwas langsamer kann das Pivot wieder glänzen. Dadurch, dass man so hoch im Federweg steht, fühlt sich das Rad sehr leicht kontrollierbar an und langsame technische Manöver gelingen selbst bei mir (meist) ohne Probleme. Folglich war das Pivot mein Begleiter, wenn ich eine gemütliche Runde auf eher gemütlichen Trails fuhr.


Ausstattung

Für den stolzen Preis von 12.199 € darf man ruhig die Crème de la Crème erwarten, was die Ausstattung des Bikes betrifft. Und man wird (fast) nicht enttäuscht. Der Carbonrahmen wirkt äußerst hochwertig verarbeitet und trägt maßgeblich für das komplett geräuschlose Fahrgfühl bei. Die Leitungen sind an allen Ein- und Ausgängen geklemmt und ein gummierter Kettenstrebenschutz macht auch hin und wieder auftretenden Kettenschlag stumm.

Die Highlights für mich persönlich waren unter anderem die DT Swiss XMC 1501 Carbonlaufräder. Diese gaben dem Bike zwar ein etwas steiferes Fahrgefühl, welches aber gut zum Rad im Allgemeinen passte. Das Rad war beim Pumpen am Trail und aus Anliegern hinaus äußerst effizient.

Die relativ neue Schaltgruppe von SRAM, XX AXS Transmission, funktionierte im gesamten Test einwandfrei und pipifein. Einmal eingestellt schaltete sie durchgehend präzise und auch unter voller Last. Lediglich die Kette musste getauscht werden, da diese bei Kontakt mit einem Stein deutlich Schaden genommen hat und einige Glieder komplett verbogen waren.

Die Bremsen waren ein zweischneidiges Schwert. Die verbauten SRAM Code Ultimate Stealth Bremsen waren im letzten Jahr eine meiner Lieblingskomponenten an verschiedenen Radln. Doch am Switchblade wurden diese mit dünnen Centerline Scheiben gepaart. Die hintere Bremsscheibe war dabei mit 180 Millimetern Durchmesser deutlich unterdimensioniert und wäre meiner Ansicht nach ein Upgrade, dass man direkt nach dem Kauf fast schon machen muss, um das ganze Potential der Bremse nutzen zu können. Ebenso unnötig kompliziert war die Bremsscheibenaufnahme an den Naben. Diese waren nämlich Centerlock statt 6-Loch, was sich mittlerweile eigentlich als Standard durchgesetzt hat.

Die Sattelstütze war für mich aber die nervigste Komponente. Die Rock Shox Reverb AXS ist zwar in der Bedienung der beste und einfachste Dropper Post, den ich gefahren bin, der kurze Hub mit „nur“ 170 Millimetern sorgte dafür, dass ich dennoch vor jeder Abfahrt die Sattelklemme aufschraubte und die Stütze manuell tiefer in den Rahmen schob. In den kleineren Größen wird dies zwar kein Problem darstellen, für größere FahrerInnen jedoch sehr nervig und unnötig.


Modelle

Wie bereits erwähnt handelte es sich beim getesteten Radl um das Topmodell. Durch den hohen Preis, wird dieses sicher für viele nicht das attraktivste sein. Doch Pivot bietet darunter noch sechs andere Varianten des Switchblades an, die bei immer noch stolzen 6.599 € starten. Eine komplette Übersicht über alle Modelle inkl. Anbauteile findest du hier. Wichtig zu sagen ist aber, dass alle den gleichen hochwertigen Carbonrahmen haben und sich tatsächlich nur in den Komponenten unterscheiden.


Fazit

Das Pivot Switchblade ist ein richtig lustiges Radl und der perfekte Begleiter, wenn man am Trail einfach nur Spaß haben will. Das geringe Gewicht und das sehr poppige Fahrwerk verleihen dem Radl vorallem auf Flowtrails und flacheren Wegerl ein sehr verspieltes Fahrgefühl und laden durchgehend ein, bei Wellen und dergleichen abzuziehen. Endurobike ist es aber keines. Dafür wird es bei höheren Geschwindigkeiten schnell unruhig und kann auch nie genug Grip generieren. Doch das muss es auch nicht. Es kommt für mich persönlich in die Ecke: Ein Rad für alles. Lange Touren sind überhaupt kein Problem dank der angenehmen Sitzposition und dem effizienten Hinterbau. Aber auch den ein oder anderen Bikparktag wird es überstehen und solange man nicht auf Downhillstrecken versucht die schnellstmögliche Zeit herauszufahren, wird es auch dort viel Spaß machen.

Über den Author

Michael Pfuisi

Noch recht frisch in der Bike-Szene, aber schon vollkommen von diesem Enduro-Virus befallen. Das zeigt seine Trailpartie-Süchtelei inkl. Prolog-Erfolgen. Die Grazer Trails sind sein Heimrevier, das er immer öfter für Stages mit Zeitnehmung verlässt.

Artikel teilen