Bereift wie Max Verstappen

Florian TischhartMaterial

Foto: Lorenz Globits

Es gibt neue schnelle Reifen aus Italien, für den Enduro- und Downhill-Renneinsatz.


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Man denke an Reifen, man denke an Italien, und wenn einem nicht direkt Luigi aus Cars in den Kopf kommt, dann ist es aller Voraussicht nach der Reifengigant Pirelli. Weltweit bekannt für seine F1-Reifen und Kalender bietet der Hersteller seit einigen Jahren neben Rennrad- und XC-Reifen auch fürs abfahrtslastige MTB-Segment die passenden Pneus, die auf den klingenden Namen Scorpion hören. Bereits vor zwei Jahren durfte ich die damals neuen Scorpion Enduro S bzw. R testen, nachzulesen hier.

Know-How von Barel

Für eine Firma, die Rennsport so tief in der DNA hat, dauerte es erstaunlich lang, bis man sie am Start von MTB World Cups gesehen hat. Nun ist man jedoch auch im Radlsegment eine ganze Ecke tiefer ins Renngeschehen eingestiegen. Gemeinsam mit Downhill-, Enduro- (und neulich auch eMTB-) Ikone Fabien Barel wurde das Portfolio um die Scorpion Race Serie ergänzt, die – Nomen est omen – mit Fokus aufs Racen entwickelt wurde.

Die Race-Bandbreite besteht nun aus folgenden Profilen, die jeweils in einer Enduro und einer DH Karkasse erhältlich sind:

  • Scorpion Race Enduro (bzw. DH) S (für losen Untergrund)
  • Scorpion Race Enduro (bzw. DH) M (Allrounder)
  • Scorpion Race Enduro (bzw. DH) T (extra viel Bremstraktion, eher als Hinterreifen)
  • Scorpion Race DH Mud (selbsterklärend, nur als DH-Version)

Auffällig sind die Scorpion Race Reifen schon dadurch, dass sie (wie der Medium-Reifen in der F1), endlich mit gelben Streifen auf der Seitenwand angerollt kommen. Wie wir wissen, bringt das allein schon mindestens drei Hundertstel pro Kurve.

Mit gelben Streifen direkt 2,7 % schneller. – Foto: Lorenz Globits

Mein Eindruck

Über kaum ein Teil am Bike wird so viel philosophiert wie über Reifen. Dabei gibt es mindestens so viele Variablen & Parameter (Druck, Breite, Laufradgröße, Karkasse, Gummimischung, Insert,…) wie persönliche Vorlieben.

Ich durfte die Scorpion Race Enduro M (vorne und hinten) testen. Von dem Reifen, der für 27,5″ und 29″ erhältlich ist, erhoffte ich mir die größte Vielseitigkeit, wie es auch vom Hersteller beworben wird. Die Tage, wo ich vor jedem Rennen oder Bikeparktag über Reifenwechseln nachdenke, gehörten in letzter Zeit der Vergangenheit an. Ich gelangte zur Erkenntnis, dass mir Radlfahren am Ende des Tages doch mehr Spaß macht als Reifen wechseln.

In der Hand

Den Scorpion Race Enduro M gibt es einzig in 2,5″ Breite, jeweils in 27,5″ & 29″. Direkt aus der Verpackung heraus sticht das Profil ins Auge, das mit sehr ausgeprägten Mittel- & Seitenstollen sowie kleinen Übergangsstollen einen soliden Eindruck erweckt.

Fotos: Lorenz Globits

Die Reifen werden vom Hersteller in 29×2,50″ mit 1260 g angegeben, auf meiner Küchenwaage hatten sie 1293 g bzw. 1362 g. Die Montage auf dem Bontrager Line Carbon Laufradsatz (der zugegebenerweise nicht der einfachste zum Reifen montieren ist) verlief mit sanftem Einsatz eines Reifenhebers ohne gröbere Schwierigkeiten, ungefähr wie bei vergleichbaren Reifen dieser Gewichtsklasse. Beide Reifen hielten direkt die Luft, wenngleich auch der klassische Tubeless-Plopp ausblieb.

Richtig beruhigt bin ich dann immer erst nach einer „Dreh-Probe“, zu oft hatte ich schon traumatische Erlebnisse mit Reifen, die ab Werk nicht rund laufen. Hier konnten die Scorpions aber voll punkten, bei beiden Reifen gibts 10 von 10 Rundlauf-Sterne.


Am Trail

Bei der ersten Ausfahrt am staubigen Anninger tat ich mir anfangs zugegeben etwas schwer, irgendwie Grip zu finden. Nach einem kurzen Austausch mit meinen Freunden, die allesamt ihre vertraute Reifenkombi fuhren, wurde ich aber beruhigt: Es gab einfach keinen Grip. Was mich aber selbst in diesen Anti-Grip Verhältnissen beeindruckte, war die Bremstraktion, vor allem am Hinterrad.

Der Reifen lädt dazu ein, sein Radl ans Limit zu bewegen – Foto: Lorenz Globits

Die darauffolgenden Ausfahrten führten mich ins Trailcenter Wien (Hardpack – Herodirt), nochmal am Anninger (weicher Boden – etwas feucht), am Semmering (Bikepark-Schotter – Herodirt) und Spitzkehren fahren am ************* (feuchte Steine, Wurzeln, Laub). Ich reduzierte im Vergleich zu meiner ersten Ausfahrt nochmal den Luftdruck auf (nicht wissenschaftlich gemessene) 1,3 bar vorn und 1,6 bar hinten.

Die DualWall-Karkasse mit 2×120 TPI fühlt sich im Fahren sehr stabil an. Ich hatte selbst bei niedrigem Luftdruck nie die Angst, dass es mir den Reifen herunterziehen könnte. Die SmartEvo-DH Gummimischung mag zwar aufs erste Greifen etwas härter wirken als die weichste Mischung von so manch anderem Hersteller, bietet aber guten Grip auf Stock & Stein. Vor allem in technisch anspruchsvollem Gelände und Off-Camber über Wurzeln war ich vom Halt beeindruckt. Was es aber definitv braucht, um das volle Potential auszuschöpfen, ist Commitment und Belastung. Besonders wenn man pusht, bekommt man einen späten, aber kontrollierbaren Grenzbereich. Da wird der Race-Reifen seinem Namen voll und ganz gerecht.

Je gröber, desto besser. – Foto: Lorenz Globits

Bergauf braucht man sich von einem grobstolligen Reifen in dieser Gewichtsklasse keine KOM-Wunder erhoffen, dafür ist er schlicht nicht gebaut. Auf flachen Asphalt-Transfers rollt er ganz brauchbar, also no excuses, nicht von zu Hause aus zu den Trails hinzutreten.

Bezüglich Pannensicherheit hatte ich nicht die geringsten Sorgen (Klopf auf Holz), die Reifen geben einen sehr robusten Eindruck ab, der sicherlich jedem Enduro World Cup gewachsen ist. Da sehe ich selbst für Enduro-Renn-Pilot*innen keine Notwendigkeit, auf die stärkere DH Version zu setzen. Auch schwere Fahrer*innen können sicherlich von der Robustheit profitieren.


Fazit

  • endlich gelbe Streifen
  • solide Verarbeitung
  • robuste Karkasse
  • super Bremstraktion
  • kein Leichtgewicht
  • gute Pannensicherheit
  • will ordentlich gepushed werden
Über den Author

Florian Tischhart

Startnummernsammler, fast so viel im Zug wie am Radl, immer Inside Line.

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