Österreich hat eine nationale MTB-Strategie

Christoph Berger-SchauerSzene

Ministerrat nationale Mountainbike-Strategie Kogler Kraus-Winkler

Foto: BKA/Andy Wenzel

Gestern wurde im Ministerrat die Erarbeitung einer nationalen Mountainbike-Strategie für Österreich beschlossen.


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10. April. Vize-Kanzler Werner Kogler und Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler stellen sich vor die Kameras und verkünden im Doorstep zum Ministerrat die Erarbeitung einer nationalen Mountainbike-Strategie für Österreich (so sah der Vortrag an den Ministerrat aus). Die aktuelle Situation limitiere Wirtschaft und Tourismus und biete den Mountainbiker*innen unzureichende legale Möglichkeiten ihren Sport auszuüben, deshalb habe man ein hartes Brett gebohrt, wie es Werner Kogler beschreibt, und im Schulterschluss mit den Bundesländern und vier Ministerien eine österreichweite Mountainbike-Strategie auf den Weg gebracht. Kurz darauf wird sie tatsächlich im Ministerrat abgesegnet, die nationale Mountainbike-Strategie.


Was ist die nationale Mountainbike-Strategie?

Das ist eine berechtigte Frage. Im Ministerrat wurde noch keine fertige Strategie beschlossen, sondern man hat sich auf die Entwicklung einer österreichweiten Mountainbike-Strategie geeinigt. Es ist also nichts, das morgen ausgerollt wird.

Der Bund strebt gemeinsam mit den Bundesländern die Entwicklung
einer österreichweiten Mountainbikestrategie an, die der Nachfrage
an Mountainbikestrecken gerecht wird, die Nutzung der Potenziale für den
Wirtschaftsstandort und den Tourismus fördert, das Angebot zur Naherholung für die
Bevölkerung erweitert und unter der Einhaltung von Grund- und Eigentumsrechten die
Aspekte des Schutzes der Natur und der österreichischen Wälder berücksichtigt.

Zielsetzung aus dem Vortrag an den Ministerrat

Mit dem Antrag im Ministerrat versteht man (erstmals so richtig) auf höchster politischer Ebene, dass Mountainbike ein extrem beliebter Sport ist, die aktuelle Situation für Mountainbiker*innen im Land unzureichend ist, Mountainbiken ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor ist und es österreichweite Lösungen braucht, um den Status quo zu ändern. Und die sind in der Vertragslösung zu finden, darin ist man sich einig. Denn es sollen die Interessen aller Stakeholder berücksichtigt werden.


Was bewirkt die nationale Mountainbike-Strategie?

Vertragslösung? Das klingt jetzt nicht nach einem großen Wurf. Sie ist in Österreich seit jeher der einzige Weg legale Mountainbike-Strecken im Wald auf die Beine zu stellen und bedeutet, dass sich Grundeigentümer, Wegerhalter & Co in einem individuellen Vertrag auf die Nutzung als Bike-Strecke einigen. Ein Modell Graubünden (grundsätzlich alle Wege für Mountainbiker*innen) offen, darf man sich hierzulande nicht erwarten. Auch mit nationaler Mountainbike-Strategie wird man das OK von Grundeigentümer & Co benötigen.

Was man sich erwarten darf – das ist aus dem Vortrags-Papier und dem Statement vom Vizekanzler zu erkennen – ist, dass es leichter werden soll, legale Mountainbike-Infrastruktur zu schaffen. Ein Hebel ist der Haftungsfrage (die ja eigentlich keine mehr ist) endgültig den Garaus zu machen. Ein anderer, Dinge wie Beschilderung zu vereinheitlichen. Ein weiterer, beispielsweise eine Freizeit-Raumplanung zu schaffen, die Größeres skizziert, als das Kirchturm-Denken kann. Noch ein weiterer Hebel ist es, Lösungskonzepte vorzufertigen, wie zum Beispiel eine Körperschaft aus Tourismusverband, Mountainbike-Verein, Gemeinde, etc., die Wegerhalterschaften übernehmen. Und wieder ein anderer Hebel sind Goodies, um Grundeigentümern eine Öffnung von Strecken für die Allgmeinheit schmackhaft zu machen.

Ein wichtiger Punkt, und der ist wirklich neu, ist aber das Commitment der höchsten politischen Vertreter Österreichs zu Thema Mountainbike. Das geht einher mit dem abschließenden Absatz im Ministerrats-Vortrag, nämlich jenem, dass für die nationale Mountainbike-Strategie Budget bereit gestellt werden muss.


Wer steckt dahinter?

Dass ein derartiger Meilenstein im Hintergrund schon länger köcheln muss, damit ihn dann der Vizekanzler beim Ministerrat auftischt, das ist offensichtlich. Wer unsere Zusammenfassung vom Mountainbike Kongress 2023 aufmerksam gelesen hat, dem wird die nationale Mountainbike-Strategie schon bekannt vorkommen. Und genau aus dieser Ecke rührt sie auch. Hari Maier, Initiator vom Kongress in Saalbach, hat in den letzten Jahren mit seiner zielstrebigen und beharrlichen Art die Idee der nationalen Mountainbike-Strategie derart vorangetrieben, das wir das Ergebnis gestern im Ministerrat sehen konnten. Danke für diesen Einsatz, Hari!

Getragen wird die österreichweite Mountainbike-Strategie von allen neun Bundesländern plus vier Ministerien. Das ist ein breiter, solider Support für unseren Sport, den wir auf diesem Level noch nie hatten. Mit Argumenten wie der gezielten Lenkung, dem Mountainbiken als Wirtschaftsfaktor und der Berücksichtigung der Interessen aller Stakeholder schaffte man es, dass sich selbst konservative Kräfte wie die Landwirtschaftskammer oder die Land&Forst Betriebe Österreich hinter die nationale Mountainbike-Strategie stellen.


Wie geht es weiter?

Das Budget haben wir ja schon angesprochen. Das wurde von den Bundesländern und den vier Ministerien schon letztes Jahr eingeplant und jetzt wird nochmal nachgeschaut, ob das für heuer eh noch passt. Dann wird eine nationale Koordinationsstelle eingerichtet, die wohl aus 2-3 Personen bestehen wird und nicht wie von Werner Kogler angekündigt im Landwirtschaftsministerium sitzen soll, sondern ein eigenes Gebilde erhalten soll, um unabhängiger von Veränderungen nach einer Wahl zu sein. Ziel wär’s, das alles noch vor der Sommerpause auf Schiene zu bringen.

Im Mai soll’s im Rahmen des IMBA Europe Summit in Mödling ein Zusammentreffen der Bundesländer-MTB-Koordinatoren geben, wo man sich gemeinsam abstimmt und auf eine nationale Stratgie eingleist.

Wenn wir uns den Mountainbike Kongress 2023 noch einmal in Erinnerung rufen und noch mehr Dinge aus Hari Maiers Green Paper zur nationalen Mountainbike-Strategie wahr werden, dann braucht’s für die erfolgreiche Umsetzung auch einen geeinte Stimme der Mountainbike Community. Anders gesagt: eine österreichweite Interessensvertung, die als Schnittstelle zwischen offizieller Seite (nationale Koordinationsstelle, Bundesländer-Koordinatoren) und den Mountainbiker*innen fungiert. Auch dazu tut sich hinter den Kulissen schon einiges: bereits aktive, regionale Initiativen und engagierte Mountainbiker*innen tauschen sich regelmäßig aus und organisieren sich gerade zu einer österreichweiten Interessensvertretung. Wer hier mitgestalten möchte, der meldet sich am besten unter linestribe@lines-mag.at

Über den Author

Christoph Berger-Schauer

Dicke Schlappen, schmale Reifen, bergauf, bergab – ist für alles zu begeistern, nur flach darf es nicht sein. Unbekehrbarer Fahrrad-Afficionado, seit einiger Zeit vom Enduro-Virus befallen. Schreibt nieder, was andere nicht in Worte fassen können.

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