Das Nonplusultra-Hardtail

Nikolas JellinekMaterial

Berm Rexx Material Test

Edel, edler, Titan. Berm Cycles hat mit dem REXX ein Enduro-Hardtail aufgetischt, das erhabener kaum sein könnte. Ob es sich auch so fährt, haben wir über eine Saison lang erforscht.


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Wieviele Radl‘n braucht man als Mountainbike-Enthusiast? Da wäre die XC-Feile zum Leiden und Heizen, für den leidenschaftlichen Genuss ein Enduro. Als Dampfhammer vielleicht noch ein rassiges DH-Bike, fürs Schlechtwetter noch ein Pumptrack- oder Dirtbike. Die unzähligen Nischen und Varianten in diesem Sport wollen abgedeckt sein. Einige will man sicher noch erfahren oder ausprobieren. Ganz der altbewährten N+1 Regel entsprechend. Bikes kann man nicht genug besitzen, aber sie wollen auch art- und zeitgerecht bewegt werden und gut gewartet sein.

Mein persönliches Bedürfnis wurde mit zwei Rädern bisher gestillt: ein Vollblutenduro & ein Gravelbike. Ergo zum Herbrennen und Verbrennen hat es bis dato gereicht, bis aus dem ewigen Eis dieses noble Blech vor der Türe stand…

Berm Rexx Material Test
Ewig totgeglaubt und trotzdem lebendig, der (Tyrannosaurus) REXX.

Berm REXX

+ sehr detailverliebte Verarbeitung
+ Oberfläche und Haptik
+ Bike Nerd – Faktor 110%
+ moderne Geometrie bei klassischer Optik
+ passender Vorbau und Lenker im Paket erhältlich
+ geringe Stand-Over-Height
+ Wandlungsfähigkeit und Wunderwuzzi


nur drei Größen verfügbar: S, M, L
kurz ehaltenes Oberrohr
Preis USD 2.799,-
steht gerne im Mittelpunkt neben all dem Carbon und Aluminium
Waden und Kniescheiben hassen diese Art von Enduro-Bike


Webseite: https://bermcycle.com/product/rexx-enduro-hardtail-frame


Ein Traum in Titan

Den Wunsch nach diesem Rahmen hätte ich mir als Jugendlicher einrexen können. „Titan, des fährt ma doch net, zu teuer und zu edel um es dem Buam zu schenken.“ So die Worte des Vaters. „Der is ja nur a Reissteufel.“

Doch zwei Jahrzehnte später und ein paar Anlieger mehr wars dann soweit. Endlich einmal Titan unter mir und nicht in mir, in Form von Schrauben oder Nägeln.

Berm Rexx Material Test
Noble Kartonblässe treibt mir den Schweiß auf die Stirn.

Keep it simple. Die Oberfläche ist in Natura gehalten, gänzlich unbehandelt und rau. Rau darf man eigentlich gar nicht sagen, so samtig weich wie sich die Fingerkuppen an die Oberfläche anschmiegen. Die Schweißnähte reihen sich gleichmäßig hintereinander, keine Ausreißer oder Schweißmaterial zuviel, eine Traumhochzeit sozusagen.

Die Blicke wandern über die endlos schillernde Oberfläche. Der Schriftzug lediglich simpel und puristisch ohne spürbare Vertiefung eingelasert. Die Stimmen im Kopf werden immer lauter, wie soll der Aufbau werden…? Schlicht wie der Rahmen selbst, jedoch nicht zu günstig oder schäbig. Recyclen liegt im Trend, sprich Teile aus dem Fundus werden verwendet. Wie bei einem guten Roten braucht es auch seine Zeit bis eine 36er gut abgelegen ist. Also lieber zum passenden Moment öffnen und aussaufen bevor er in der Dunkelheit vergammelt.

Berm Rexx Material Test
Erstaunlich wie wenig Teile so ein Hardtail beinhaltet, spielerisch der Platzbedarf aller Teile auf so einer handelsüblichen Turnmatte.

Selbst nach Minuten offenbart der REXX weitere feine Details, wo sich oftmals dann der Wehrmutstropfen oder die kleine Enttäuschung bei so manch anderen Rahmenherstellern versteckt.

Zu fahl und zu plump ist oft die Ausarbeitung so mancher Fräs- oder Guss-Teile. Hier hat BERM jedoch noch bewusst eines draufgelegt. Das liebevolle Design im hinteren Bereich des Rahmens lässt sämtliche Emotionen höher steigen. Skeletoid und zugleich nicht filigran ist hier die Fertigung der Frästeile gelungen.

Berm Rexx Material Test
Kettenstrebe im MadMax Style.
Berm Rexx Material Test
Fein bis ins Detail und trotzdem nicht fragil.
Berm Rexx Material Test
Inlet à la bonne heure

Selbstgemacht ist’s doch am besten. Spätestens hier wird der Rahmen seinem Preis gerecht, beim ersten Ansetzen der Lagerschalen merkt man die feine & saubere Ausarbeitung sämtlicher Standards.

Keine stumpfe Kante, kein ausgerissenes Gewinde. Schön sowas in Zeiten der Pressfits. Ein ordentliches Gewinde, in diesem Fall BSA wie damals. Etwas Kupferpaste noch drauf um eine mögliche Kontakt-Korrision zu vermeiden und rein damit. Steuersatzschalen, die beinahe schon smooth & criminal in den Rahmen flutschen, lassen jedes Schrauberherz höher schlagen.

Mein persönlicher Favorit jedoch sind die Inlets für die innenverlegten Züge, kein anderer Hersteller hat so dezent seine Fixierpunkte versteckt.

Berm Rexx Material Test
Schön wenn ein Build Up mit DEM Tool Nerd des Vertrauens an einem verregneten Wochenende passiert
Berm Rexx Material Test
Passend mit Steirerjausn & Hopfensaft.
Berm Rexx Material Test
Wurde die Endfassung bestaunt.

„ Schon schön, so ein Titanblech. Obwohl ich Enduro Hardtails abgeschworen habe.“

Bernhard G.

Danke @bermhard @burton1980 für Audienz und die nette Gastfreundschaft.

Berm Rexx Material Test
Rainbow-Optik durch den hauseigenen Lenker.
Berm Rexx Material Test
Ebenfalls mit an Bord beim Frameset, Ti-Sattelklemme.

Der REXX in Bewegung

Nach den ersten Runden und Metern zeigte sich ein äußerst agiles, kompaktes und verspieltes Fahrverhalten bei sehr guten Klettereigenschaften. Für mich nach rund 10 Jahren Hardtail-Abstinenz eine neue, alte Art des Fahrens.

Mit 178cm Körpergröße und einer Schrittlänge von 89cm passt sich die Rahmengröße Medium wunderbar an meine Körperproportionen an. Die Front fällt nicht ungewöhnlich hoch aus, der Sitzwinkel vernünftig steil.

Nun zum Kontra: Denkt und lenkt man auf seinen Hometrails in guter alter Fully-Manier, so wird man schnell eines Besseren belehrt. Die täglichen Lines werden schnell wieder knackiger und Fehler werden nicht verziehen. Jede noch so kleine Unachtsamkeit wird ohne Verfälschung zurückgeschickt an den Absender.

Weniger schmerzhaft für umgängliche und kommunikative Besitzer eines Titanrahmens sind Fragen und Staunen anderer Enthusiasten am Trail oder vor dem Eissalon seiner Wahl.

Nach wenigen Heimrunden erschloss sich die perfekte Feuertaufe für den REXX. Schneller ausverkauft als so manches Konzert eines heißbegehrten Interpreten sind die allbekannten Trailpartie-Stopps.

Auf den Josiberg Trails, aka die feinsten Wurzelmatten Niederösterreichs, wurde bei feinster Nässe eine Trailpartie für Gatschoholiker organisiert. Völlig unbeeindruckt und voller Härte blieb der Bock auf Spur, egal ob der Abschnitt verwurzelt oder fresh loamy war. Je schneller desto ruhiger das Lenkverhalten, das Heck jedoch nahm alles mit was die Strecke zu bieten hatte. Direkter und ehrlicher kann eine Rückmeldung bei rutschigen Bedingungen gar nicht sein.

„ Wenn du gerne mit einem Skalpell kochst & keine Angst vor verlorenen Fingerkuppen hast, dann ist es dein Herzblatt!“

Susi M.

Die Anpassungsfähigkeit des REXX ließ auch auf den Trails am Präbichl bei Trockenheit nichts dem Zufall über. Sicherlich, für absolute Prügel-Orgien muss man schon masochistische Veranlagungen und Kniegelenke aus Titan besitzen, jedoch will diese Geometrie unersättliches Tempo. Absoluter Spaß-Faktor sind jedoch schnell wechselnde Verhältnisse. Bei harten Bremsmanövern mit Flats bleibt der Rahmen treu in der Spur. Enge und harte Turns spielen dem Fahrer durch die Agilität in die Hände. Mehr, mehr, mehr!

Wenn jemandem die Kniescheiben so treu bleiben wie mir, ist das REXX wahrlich der perfekte Begleiter. Selbst im hochalpinen Gelände in den Dolomiten erhält man die Liebe im Raw Format. Beim robusten und definitiv noch nicht ausgereizten Setup ist ein Gewicht unter 13kg möglich. Den Hund und Magen freuts, denn mehr Platz für eine ordentliche Jause und Leckerlis im Rucksack.

Die klassische Rohrbauweise liegt angenehm und unauffällig auf den Schultern, durch den kurzen Radstand sind im zerlegten Zustand Klettersteige keine Herausforderung mehr. Die verspielte Geometrie lässt jeden Euro-Turn zum Klacks werden. Eine sehr geringe Stand-Over-Height lässt sich durch das stark abfallende Oberrohr realisieren. Schlüsselstellenknacker und Bikebergsteiger hassen diesen Trick!

Berm Rexx Material Test
Kurz und Knackig? Agil und flink in jeder Art von Kurve.

Berm Rexx Material Test
Start-Sprints und harte Antritte gehen wahrlich besser.

Fahrerprofil

  • 35J, 178cm / 75kg im Adamskostüm
  • Bikebergsteiger & Enduro Racer
  • Wurzelpatient und Gatschoholiker
  • Uphill-affin und Teilzeit-Bergziege
Über den Author

Nikolas Jellinek

Feinspitz, Velosoph, Hobbyracer. Sitzt nur im Sattel wenn die Route an einem Wirtshaus oder einer Berghütte vorbeiführt. Redet & fährt schneller als ihm selbst lieb ist.

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