Idealisten gesucht!

Peter SchrottmayerLesestoff

Foto (c) Lex Karelly

Ein Aufruf zur Rettung des Radsports!

Wir suchen dich! Anstellung: unentgeltlich. Zeitumfang: unbegrenzt. Lohn: andere die es immer besser wissen. Voraussetzungen: kein Familienleben, unbegrenzter Idealismus sowie viel Zeit zum Autofahren und Ausfüllen von Förderanträgen. Was wir bieten: Strahlende Kinderaugen.

Klingt dringend – ist es auch! Möglicherweise nicht ganz so dramatisch wie dargestellt, aber trotzdem besser jetzt als nie. 

„Der Nachwuchs fehlt!“ Eine Aussage, die man wohl nicht nur im Radsport öfters hört. Radfahren boomt, nicht erst seit Corona. Trotzdem wird seit Jahren über sinkende Teilnehmerzahlen bei Wettkämpfen geklagt, die Nachwuchslizenzen stagnieren oder sinken. In ehemaligen Nachwuchsvereinen finden sich nur noch Senioren, oder die Vereine verschwinden ganz von der Bildfläche. Nicht selten wird im Nebensatz Kritik am Verband geübt und die Verantwortung nach oben geschoben. Doch vor allem die Landesverbände sind nur Spiegelbilder der Vereine und ihre Aufgabe ist es nicht, deren Arbeit zu übernehmen, sondernd zu unterstützen und zu koordinieren.

Auf der anderen Seite gibt es, wie schön öfters hier im Magazin berichtet, einige Initiativen, die im kleinen Kreis beginnen Radsporttraining zu organisieren und z.B. den Bau von Pumptracks initiieren. Vorzeigeprojekte wie diese – genau solche Impulse braucht es! Eltern, die die Begeisterung ihrer und anderer Kinder am Radfahren erkennen und gemeinsam mit ihnen die Gegend erkunden, Ex-Radsportler, die mit ihren Enkeln die alte Leidenschaft wiederentdecken, (Sport-)Studenten die eh nichts mit ihrer ganzen Zeit anzufangen wissen, oder die ständigen Jammerlappen, die immer schon alles besser wissen. Ihr (und alle anderen) seid genau die Richtigen, um euch jetzt im Radsport zu engagieren! 

Die oben genannten Jobbedingungen mögen auf den ersten Blick etwas abschrecken. Und auf den zweiten, … und dritten, … Ja, es braucht Idealismus. Einen Verein aufzubauen und erfolgreich zu erhalten, ist kein Job mit dem man reich wird oder großen Ruhm erntet. Aber – solch ein Engagement als Ausdruck einer sozialen Überzeugung und damit einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten, ist auf jeden Fall lobenswert. Die eigene Begeisterung dem (Rad)Sport gegenüber anderen zugänglich zu machen, sie mitzureißen und am Erlebnis Radfahren teilhaben zu lassen, gerade in der heutigen Zeit ist das ein enorm wichtiger Beitrag. Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle und bewegungsorientierte Freizeitmöglichkeit bieten – ein Radsportverein kann das! Keine Frage, es ist nicht immer einfach (eigentlich nie), es erfordert viel Commitment und persönlichen Einsatz. Aber – Teil einer Gruppe von Menschen zu sein, die für die gleiche Sache brennen und die positive Energie zu spüren, die von vielen Seiten und vor allem den Kindern zurückkommt, ist den Aufwand auf jeden Fall wert. 

Erfolgreiche Nachwuchsarbeit ist nicht die Anzahl an ÖM-Titeln im Nachwuchs, auch wenn sie gerne daran gemessen wird. Sie ist das Ergebnis von gesellschaftlichem Engagement, mit dem Ziel eine möglichst große Menge an Personen lebenslang für den (Rad)Sport zu begeistern. Erfolgreiche Nachwuchsarbeit sehe ich als Vereinsaktivität, die langfristig und nachhaltig, also im besten Fall generationenüberdauernd, Nachwuchsarbeit leistet. Der grundlegende Fokus muss hier ganz klar auf den Breitensport und seinen übergeordneten Zielen gerichtet sein, denn dieser ist die langfristige Lebensader eines Vereins und damit auch Fundament für den geringen Prozentsatz der Leistungssportler und möglicher Erfolge. 

Auch wenn aus Fachverbandssicht der Leistungssport im Vordergrund steht, darf dessen Grundlage nicht vernachlässigt werden. Vereine sollten bestmöglich unterstütz werden, damit sich diese mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit dem Nachwuchstraining widmen können. Sei es durch gezielte Vernetzung untereinander, Förderprogramme, Konzepte, Leitfäden oder anderem zu sportartspezifischen Themen, die nicht von den Dachverbänden übernommen werden. Gerade der aktuelle Radsportboom sollte Anlass sein, den Fokus auf den Nachwuchs zu richten und endlich auch dem in der Jugend beliebten Gravity-Bereich mehr Beachtung zu schenken. Verbands-, Vereins-, Ausbildungs- und Wettkampfstrukturen sollten dem aktuellen Trend angepasst werden, um die laufende Modernisierung nicht zu verpassen, sondern mitzugestalten. 

Um einigen dieser Forderungen nachzukommen, wurde ein Leitfaden-Projekt gestartet. Dieser soll vor allem Vereinen, die noch am Anfang ihrer (Nachwuchs-)Arbeit stehen, eine kompakte Übersicht der wesentlichsten Vereinsangelegenheiten bieten und sie mit Anregungen und Ideen unterstützen. Gleichzeitig soll eine Sammlung an Beispielen, Links, Initiativen und vielem mehr geboten werden, um auch etablierte Nachwuchsvereine da und dort noch zu inspirieren. Der Leitfaden greift Entwicklungsbereiche auf und zeigt anhand von Best-Practice-Beispielen, wie sich erfolgreiche österreichische Nachwuchsvereine in ihrem individuellen Umfeld etablieren. Gleichzeitig soll er Anstoß zu einer besseren Vernetzung zwischen den Vereinen sein, um Kooperationen und einen Ideenaustausch zu fördern. Der Leitfaden versteht sich als langfristiges Gemeinschaftsprojekt, Feedback und Input sind jederzeit willkommen und erwünscht!

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Über den Author

Peter Schrottmayer

Getrieben von unendlicher Leidenschaft und hoffnungslosem Idealismus engagiert sich Schrotti in vielen Bereichen des österr. Radsports. Als ÖRV Ausbildungsreferent, Leiter der Wienerwald Trailschool, Ausbildner für ÖRV, Bikepro, Naturfreunde u.v.m.

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