Innsbruck hat KEINEN neuen Trail

Christoph Berger-SchauerSzene

Hofwald Trail Innsbruck Sperre

Fotos: Trailbauers, Tommy Squibb, Mathias Prägant

Man glaubt es kaum, aber in Innsbruck wurde ein neuer Trail gebaut und nach ein paar Tagen wieder gesperrt. Ein politisches Kasperltheater, bei dem Mountainbiker zum Handkuss kommen.


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Update 2.9.2022

Jetzt gibt es eine Antwort der Innsbrucker Bike-Community: MTBInnsbruck hat eine Petition gestartet um Stärke zu zeigen. Helfen wir den Innsbrucker Kollegen und unterschreiben/teilen wir sie bitte fleißig.


Update 29.8.2022

Dieses Kaspertheater um den Hofwald Trail würde man dem schlechtesten Buch nicht zutrauen. So grotesk ist die Situation um den neuen, legalen Mountainbike-Trail und zeigt, dass man in Innsbruck offenbar keine anderen Probleme hat. In einer Sondersitzung des Gemeinderats wurde die Sperre und der teilweise Rückbau des Hofwald Trail beschlossen. Die Strecke war gerade mal eine Woche geöffnet.


120.000 Euro versenkt

Vor nicht allzu langer Zeit sah alles noch anders aus. Vizebürgermeister Johannes Anzengruber erkannte die Notwendigkeit zusätzllicher Bike-Infrastruktur in Innsbruck und stellte im Stadtsenat den Bau des Hofwald Trails zur Abstimmung. Dort wurde er – wohlgemerkt von Beteiligten aller Parteien – einhellig beschlossen. 120.000 Euro sind in die drei Kilometer lange Strecke geflossen und noch während Crankworx ließ sich Vizebürgermeister Anzengruber beim Spatenstich stolz am zukünftigen Trail ablichten.

Im Juli 2022 drehte der Wind aber, denn Gerald Depaoli, Ein-Mann-Liste im Innsbrucker Gemeinderat, entdeckte die Mountainbiker als Feindbild. Oder „Radfahrwilde“, wie er sie nennt. Mit der Streckenführung in der Nähe des Bischof Reinhold Stecher Gedenkweges hat er den Hebel, mit dem er Pfarrgemeinderat und Bürgerinitative mobilisieren kann. In der Folge bekommt Ex-Mountainbike-Fan Vizebürgermeister Anzengruber kalte Füße und ruft einen Baustopp unter Vorhaltung falscher Argumente (die Baufirma sei von der Streckenführung abgewichen) aus. Bürgermeister Willi hebt diesen wieder auf, weil die Errichtung des Trails ja ein Auftrag des Stadtsenats war. Der Trail wird fertig gebaut. Wir dachten schon: Schwere Geburt, aber zumindest glückliches Ende. Falsch gedacht.


Niveaulimbo

Der Hofwald Trail schaffte es, dass wegen ihm letzten Freitag eine Sondersitzung des Innsbrucker Gemeinderats einberufen wurde. Muss man als ein Meter breiter Streifen im Wald auch mal hinkriegen. Wer kopfschüttelnd vorm Bildschirm sitzen möchte, den leiten wir an dieser zum Der Standard-Artikel weiter, welcher die Sitzung widergibt. Autor Steffen Arora beschreibt es treffend: Eine „fast vierstündigen Streiterei, die einem Niveaulimbo mit mehreren Ex-aequo-Siegern glich“.

Kurz zusammengefasst: Die FPÖ ist generell und offen gegen Mountainbike Trails, auch legale. Die Liste für Innsbruck sagt im Prinzip: „Mountainbiken, aber nicht bei uns in Innsbruck.“ Die SPÖ findet die Diskussion zwar lächerlich, stimmt aber für die Sperre. Die ÖVP gesteht ein, dass man in der Planung den Bischofsweg „übersehen“ hat, die Verschwendung von Steuergeld ist ihr aber egal. Nur die Grünen, Neos und die Alternative Liste Innsbruck stimmen gegen die Sperre.

Man verbleibt damit, dass der Abschnitt unterhalb des Planötzenhofes offen bleibt, der Rest wird gesperrt und muss teilweise rückgebaut werden. Was das kosten wird, stellt sich erst heraus. 40.000 Euro hat man aber für eine neue Variante budgetiert, deren Streckenführung aber erst neu geplant, ausverhandelt, genehmigt und gebaut werden muss – also wieder einige Zeit dauert. Dem Vorschlag von MTBInnsbruck, den fertigen Trail so lange offen zu lassen bis es eine Alternative gibt, konnte der Gemeinderat nichts abgewinnen.


25.8.2022

Wer sich die Kuriositäten der Innsbrucker Stadtpolitik zu Gemüte führen möchte, die der Eröffnung des Hofwaldtrails vorausgegangen sind, dem legen wir den Standard-Artikel ans Herz. Der Plot: Ein monatelang ausgetüfteltes Trailprojekt wird von einer Allianz aus Katholiken, Rechtspopulisten und einem wankelmütigen Vizebürgermeister in letzter Minute fast zu Fall gebracht.

Wen politisches Geplänkel weniger interessiert, sondern es sich mehr auf Mountainbiken steht, für den gibt’s eine gute Nachricht. Die Bike City Innsbruck hat einen neuen, legalen Trail. Der Hofwaldtrail ist nach dem Hungerburg und Arzler Alm Trail die dritte legale Strecke (nachdem die Nordkette aufgelassen wurde) außerhalb des Bikeparks auf der Muttereralm. Wer einmal in Innsbruck an einem sommerlichen Tagerl unterwegs war, weiß wie dringend zusätzliche Trails benötigt werden. Biker gibt’s in der Alpenhauptstadt etliche.


3 Kilometer in 6 Wochen

Rund drei Kilometer ist der Hofwaldtrail lang und im Stadtteil Hötting angesiedelt. Für alle, die nicht so ortskundig sind: Das ist im Nordwesten der Stadt, cirka nördlich vom Flughafen. Auf eine Trennung vom Wanderweg wurde von den ausführenden Trailbauern penibelst geachtet und ein enges, nie steiles, aber verspieltes Wegerl angelegt. In sechs Wochen Bauzeit wurde der Hofwaldtrail – auch mit Hilfe von Freiwilligen – seit Juni angelegt und ist seit August geöffnet. Viel Spaß, Innsbruck!

Über den Author

Christoph Berger-Schauer

Dicke Schlappen, schmale Reifen, bergauf, bergab – ist für alles zu begeistern, nur flach darf es nicht sein. Unbekehrbarer Fahrrad-Afficionado, seit einiger Zeit vom Enduro-Virus befallen. Schreibt nieder, was andere nicht in Worte fassen können.

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