Velochicks Tipps

Eva RümmeleLesestoff

Foto: Tihomir Vorkapic

Eva Rümmele, Obfrau der Velochicks, schreibt 2024 im LINES Printmagazin eine Kolumne über frauenspezifisches Training. Auf dieser Seite erzählt sie über mentruationszyklusgesteuertes Training, die Hormone an Wettkampftagen und vieles mehr, was über die Print-Kolumne hinausgeht.


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Auf die Hormone kommt es an!

Weiterführung der Kolumne aus LINES Issue #29

Viele Funktionen im Körper von uns Frauen, u.a. die Fortpflanzungsfunktionen, sind hormongesteuert. Das hat nicht nur Auswirkungen auf diesen Bereich, sondern beispielsweise auch auf die Möglichkeit Muskeln aufzubauen. Deshalb finde ich, ist es eine gute Idee, sein Training danach auszurichten.

In letzter Zeit ist menstruationszyklusgesteuertes Training in aller Munde. Wir Frauen (alle, die nicht hormonell verhüten) durchlaufen im Laufe des Monats verschiedene Zyklusphasen, die jeweils die Dominanz verschiedener Hormone kennzeichnen. Was bedeuten diese Phasen nun und wie kann ich sie für mein Training nutzen?

Der weibliche Zyklus beginnt mit Tag 1 der Menstruationsblutung. Die Tage 1-14 werden als Follikelphase bezeichnet, hier sind die Hormonspiegel niedriger. Ab dem 5. oder 6. Tag des Zyklus beginnen die Eierstöcke die Östrogenproduktion zu steigern und das Östrogen erreicht seinen Höhepunkt in dieser Phase um Tag 10-13, danach fällt der Spiegel wieder ab. Um Tag 14 findet der Eisprung statt. In der Follikelphase, vor allem zu Beginn, baut man leichter Kraft auf und regeneriert schneller. Der Grund scheint darin zu liegen, dass Östrogen die anabole Kapazität senkt. Meine Beobachtung stimmt damit überein. Da ich unter keinerlei Krämpfen oder sonstigen negativen Begleiterscheinungen zu meiner Periode leide, fühle ich mich in den ersten 10 Tagen meines Zyklus immer voller Energie und Power, auch mental bin ich stärker und beim Biken mutiger.

Die Tage 15-28 bilden die Lutealphase. Ab Tag 15 beginnt der Östrogenspiegel wieder anzusteigen und auch der Progesteronspiegel steigt stark an. Beide Hormone erreichen ihren Höhepunkt ca. 5 Tage vor Beginn der Menstruation. Das ist der Zeitpunkt ab dem die Symptome des Prämenstruellen Syndroms (PMS) auftreten können. Progesteron hat u.a. die Eigenschaft den Abbau von Muskelgewebe anzukurbeln, was den Zugang des Gewebes zu Aminosäuren erschwert. Da auch das erhöhte Östrogen die anabole Kapazität senkt, baut man in dieser Phase weniger gut Kraft auf und regeneriert auch langsamer. Um das ein wenig zu kompensieren, ist ein erhöhter Proteinkonsum ratsam. Frauen sollten deshalb vor dem Training Proteine mit einem hohen Leucingehalt zu sich nehmen z.B. Molkeprotein. Weiters ist es empfehlenswert innerhalb von 30 Minuten nach dem Training erneut Protein zuzuführen, vor allem wenn es sich um Krafttraining oder HIIT-Training handelt. Östrogen kurbelt jedoch auch die Fettverbrennung an. Das ist eine gute Möglichkeit vermehrt Ausdauersport im Grundlagenbereich zu betreiben. Wenn man jedoch lange intensive Ausdauereinheiten absolviert, ist es ratsam mehr Kohlehydrate zu sich zu nehmen, da der Körper in der prämenstruellen Phase ca. 100-200 kcal mehr benötigt.

Wichtig ist meiner Meinung nach, dass man sich durch die unterschiedliche Trainierbarkeit in den einzelnen Phasen nicht einschüchtern lässt und sich als Opfer seiner Hormone sieht. Denn auch wenn gewisse Leistungskomponenten, wie oben beschrieben, in manchen Phasen weniger trainierbar sind, funktioniert es für andere Faktoren dafür wieder besser. Außerdem kann man mit gezielten Interventionen, vor allem wenn es um einen Wettkampf geht, einiges ausgleichen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, als Frau seinen eigenen Zyklus zu kennen und zu protokollieren. Für mich funktioniert das Protokollieren am besten mit einer Zyklusapp z.B. FitrWoman. Denn jede Frau ist anders und hat andere Symptome, die sogar in verschiedenen Zyklen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Hierbei spielen u.a. Faktoren wie Stress, Ernährung und Schlaf eine wichtige Rolle.

Prinzipiell empfehle ich, dass man die Folikelphase (Tag 1 – Tag 14) voll nutzt, um vor allem Kraft aufzubauen und die Woche vor Beginn der Menstruationsblutung als Entlastungswoche definiert. Schließlich beinhaltet jeder vernünftige Trainingsplan Entlastungswochen. Das heißt natürlich nicht, dass man nichts tut, aber ich trainiere in dieser Phase meistens weniger häufig Kraft, etwas mehr Ausdauer und widme mich den Dingen, die ich sonst eher vernachlässige wie z.B. Mobilisation. Außerdem ist es gut zu wissen, dass in jeder Zyklusphase Höchstleistungen möglich sind, denn wenn ich einen Wettkampf bestreite, ist es ja nicht mein Ziel in dieser Zeit Muskeln aufzubauen, sondern meine Leistung abzurufen. Auch wenn man sich in der prämenstruellen Phase nicht so leistungsfähig und vielleicht müde fühlt, gibt es einige Tipps und Tricks, wie man den Körper hier unterstützen kann.

Quelle: Dr. Stacy T. Sims, Roar

Über den Author

Eva Rümmele

Die Sportwissenschafterin, passionierte Mountainbikerin, MTB Fahrtechnik Coach und Obfrau der Velochicks war früher bei Downhill- und BMX-Rennen anzutreffen & feiert seit Anbeginn der Trailpartie jede davon mit.

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