Radfahren und Genuss standen sich immer schon sehr nahe. Spätestens als zu diesen Tätigkeiten noch unsere geliebten Berge und das ein oder andere sündige Wegerl hinzukamen sind Radfahren und Genuss unzertrennbar! Der Mountainbike-Sport war geboren und stand ganz knapp davor den ewig herbeigesehnten Weltfrieden zu bringen. Doch plötzlich tat sich am Horizont ein dunkler Schatten auf, welcher bald das ganze Zweirad-Universum bedeckte. Der Wettkampf! Aus besten Freunden wurden Rivalen. Hautenge Trikots waren nicht mehr dem übermäßigen Kebapkonsum geschuldet, sondern der Aerodynamik. Abends wurden vor den Campingbussen keine Bierdosen, sondern Proteinshakes geleert, überhaupt wurden diese Busse deshalb so populär, weil es außer Frage stand sich mit dem Feind am Rennort ein Apartment zu teilen. Selbst nach dem Wettkampf konnte man die Rivalität nicht einfach fallen lassen, sogar am Siegerpodest bewies man mit brutalen Bierduschen Dominanz.
Ein kleiner steirischer Mountainbikeverein konnte dieser Entwicklung nicht länger tatenlos zusehen. Man war sich sicher, die einzige Möglichkeit unseren Sport noch zu retten lag darin Wettkampf und Genuss wieder zu einen. Es durfte keine Zeit vergeudet werden. Rasch wurden Stages abgebandelt, Streckenposten aufgestellt und die wohl genaueste menschliche Zeitmessung des Landes installiert. Ein Rennen wie es Österreich noch nie gesehen hatte, echtes Blind-Racing auf den vielleicht besten Trails der Steiermark. Es war so weit, das Erste Obersteirische Genussenduro fand statt.
An einem wunderschönen Samstag fanden sich 17 Teilnehmer aus sechs verschieden Bundesländern an einem ultrageheimen Treffpunkt ein. Sie alle hatten nur ein Ziel vor Augen: Der schnellste Genießer Österreichs zu werden! Doch dieser Titel musste hart erkämpft werden. Vier Stages warteten auf die Teilnehmer, von lieblich bis brutal. 42 Kilometer und 1.400 Höhenmeter stellten sicher, dass jeder genug Zeit hatte das wunderschöne Panorama und die erbarmungslosen Anstiege zu genießen. Die Stages verlangten den Fahrern alles ab, es gab die ein oder andere kapitale Brezn, schwere Verletzungen blieben glücklicherweise aus. Bei Kebap und Bier wurden die Sieger verkündet, mangels Podiums durften die Tagesschnellsten auf der „Siegercouch“ Platz nehmen. Zu guter Letzt wurde eine fulminante Afterparty geschmissen, mit Livemusik und ausgelassener Stimmung bis in die frühen Morgenstunden. Alle waren sich einig, das Erste obersteirische Genussenduro war ein voller Erfolg.
Zu schön für Österreich?
Diese Geschichte klingt doch fast zu schön um wahr zu sein, oder? Einfach so ein Endurorennen in Österreich zu veranstalten, ohne Bürokratie und Einschränkungen?
Wir österreichischen Biker leben ja eigentlich im Paradies. Die Berge direkt vor der Haustür, ein unerschöpfliches Kontingent an Wanderwegen und atemberaubende Ausblicke soweit das Auge reicht. Leider wird uns die Nutzung dieser Infrastruktur oft durch die österreichische Gesetzgebung verwehrt. Das ist ungerecht, und eine Änderung ist nicht in Sicht. Trotzdem sollten wir uns davon nicht aufhalten lassen. Jede Fahrt abseits der wenigen freigegebenen Mountainbikestrecken ist mit einem gewissen Risiko verbunden, ein solches Rennen natürlich noch mehr. Trotzdem waren wir bereit dieses Risiko einzugehen, und es hat sich ausgezahlt. Die zahlreichen Begegnungen die wir im Wald mit Wanderern hatten waren allesamt positiv. Manche gesellten sich zu den Streckenposten und feuerten die Teilnehmer an, andere waren erstaunt, als wir erzählten wie weit wir heute schon gefahren sind. Die Größe unserer Gruppe sorgte auch für staunende Gesichter, eine betagte Dame hätte nicht geglaubt, dass „es so viele Leit gibt die dort owifahren können.“
Braucht es solche Begegnungen um unser Image zu formen? Ja, denn wahrscheinlich beseitigt jedes kurze Tratscherl im Wald mehr Vorurteile als hundert Facebook-Kommetare. Braucht es dafür Events wie das Erste Obersteirische Genussenduro? Vermutlich nicht, aber es hat gezeigt, dass wir hin und wieder testen sollten wie weit man als Mountainbiker in Österreich gehen kann, etwas Vernunft und Fingerspitzengefühl vorausgesetzt. Und nicht zuletzt hatten wir alle einen traumhaften Tag mit lässigen Leuten auf geilen Trails!
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