Ein E-Bike für Sportler

Christoph Berger-SchauerMaterial

Trek Slash+ Test

Unsere Erfahrungen mit dem Trek Slash+.


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Wir rufen uns kurz in Erinnerung: 2023 hat Trek die sechste Generation des Enduro-Klassikers Slash vorgestellt. Mit radikal neuem Fahrwerk und Look. Das High Pivot-Konzept sticht sofort ins Auge. 2024 folgte die elektrifizierte Version davon: das Trek Slash+. Im Wesentlichen wurde dem Slash ein Elektromotor und ein Akku verpasst, der Rest blieb unverändert. Und dieses Radl sind wir die letzten Monate gefahren.


Eindruck

Was für ein schönes Elektroradl! Das Trek Slash+ schaut ganz aus einem Guss aus. Da wirkt nichts dazugeschustert oder adaptiert. Kein Akku der sperrig ausschaut, kein Display das im Wind steht. Die Anzeige ist so formschlüssig und sinnvoll ins Oberrohr integriert, wie man das im 21. Jahrhundert erwarten würde. Den TQ Motor muss man quasi suchen. Zudem die wunderschöne Lackierung mit den Höhenlinien-Details. Es ist ein richtig fesches Radl. In der uns zur Verfügung gestellten 9.9 Version lässt es sowieso keine Wünsche offen. Da sind nur die feinsten Teile verbaut. Besonderes Lob verdient sich die Sram Maven-Bremse, die dem 20kg-Gerät wirklich immer mühelos seine überschüssige Geschwindigkeit nimmt.

Trek Slash+ Test
Um den Motor zu erkennen, muss man schon sehr genau schauen.

Bergauf

Wenn E-Bike, dann stellt sich seit ein paar Jahren die Frage: Full-Power- oder Light-E-Bike? Also volle Kraft und volles Gewicht oder weniger Power und weniger Gewicht. Mit 50 Nm fällt das Trek Slash+ in die zweite Kategorie, in Punkto Gewicht genau dazwischen. Ja, der TQ-Motor ist nicht der stärkste am Markt, doch er spielt seine Stärken abseits vom Drehmoment aus.

Wo wir gleich zum allergrößten Vorteil kommen: Er ist extrem leise. Wir gehen sogar soweit, dass wir ihn bei normaler Fahrt als nicht wahrnehmbar beschreiben würden. Das Lauteste am Slash+ ist die Umlenkung der High Pivot-Konstruktion. Ohne ständigem Surren durch die Landschaft zu cruisen, ist wirklich viel wert – wahrscheinlich mehr als pure Power.

Der TQ Motor ist nicht nur verdammt leise, sondern auch recht sparsam. Das Slash+ beherbergt einen 580Wh Akku, aus dem sich bei flotter Fahrt in gemischtem Gelände und wildem Unterstützungsmix 1.600 Höhenmeter ergeben. Begegnet man auf diesen ausgedehnten Runden Wanderern, dann müssen sie schon sehr genau schauen, um das Slash+ als Elektroradl zu enttarnen. Der Motor ist im Vorbeifahren quasi nicht zu erkennen.

Trek Slash+ Test Anninger Mödling

Bergauf kommt man mit dem Slash+ nicht in Versuchung, dass man mit zu niedrigem Sattel fährt, den höchsten Gang einlegt und die Knie zur Seite rausstreckt. Man muss es vielmehr fahren wie ein normales Radl. Es fühlt sich eher so an, als hätte man gute Beine. In den drei Unterstützungsstufen gesprochen:

  • wenig (ca. 50% Unterstützung) – wie ich an einem guten Tag
  • mittel (ca. 100% Unterstützung) – wie ich, nur schneller
  • stark (ca. 150% Unterstützung) – Tadej Pogacar

Und wie das halt so an einem Tag ist, an dem man gute Beine hat, will man diese auch auskosten. Hat man Tadej Pogacar-Beine, dann will man’s an jedem Anstieg wissen. Das beste Beispiel dafür: Tadej Pogacar. Ich bin nach jeder Solo-Ausfahrt mit dem Slash+ fertig heimgekommen. Dieses Radl spornt permanent an. Gemütlich wird’s nur, wenn man sich zusammenreisst oder mit normalen Bikes unterwegs ist.

Einziger Mini-Raunzer-Punkt am Motor: Es gibt keinen Modus ohne Unterstützung. Das wär bergab oftmals ganz lässig. Es gibt aber nur die drei oben erwähnten Einstellungen. Was recht unverständlich ist, denn nach dem Einschalten ist der TQ-Antrieb in einem unterstützungsfreien Modus. Hat man aber einmal den E-Rückenwind eingeschalten, gibt’s kein zurück mehr – außer das Bike wieder auszuschalten. Auch keine Lösung. Besonders wenn – wie in unserem Fall – die Schaltung am Hauptakku hängt. Da der TQ-Motor wirklich penibelst am Pedal hängt, und nicht nachschiebt wie andere Fabrikate am Markt, ist das in der Praxis ein sehr zu vernachlässigendes Manko.

Trek Slash+ Test
Fühlt sich bergauf an, als hätte man richtig gute Beine.

Bergab

Als die ersten Bilder vom Slash aufgetaucht sind, hat man sich ob der wilden Optik gedacht: Sicher ein Panzer. Bei den ersten Fahrten hat sich dann herausgestellt: Ja, aber auch sehr verspielt. Ein bestmöglich gelöster Zielkonflikt also. Dieses Lob kann man 1:1 auf’s Slash+ übertragen.

Trek Slash+ Test Anninger Mödling
Das Slash-Lob gilt auch für’s Slash+.

Wurzelteppiche, Rockgardens & Co sieht man zwar, spürt man aber kaum. Auf ruppigen, schnellen Passagen vermittelt es die Sicherheit eines Downhillers. Das kann man aufgrund der 20kg Eigengewicht und des üppigen Federwegs (170mm) vermuten, ohne es gefahren zu sein. Wo es wirklich verblüfft, das sind die tückischen Ecken am Trail. Da wuselt es herum, als ob es ein Viertel geringer wär. Selbst auf engen, technischen Trails merkt man fahrtechnisch kaum einen Unterschied zu einem normalen Enduro.

Trek Slash+ Test Anninger Mödling
Schnelle Kurven sind ein Kinderspiel.

Wirklich gewöhnungsbedürftig ist nur der Hinterbau. In Kompressionen oder Anliegerkurven, in die man gut reindrücken kann, fühlte sich das Hinterrad schwammig an. So als hätte man einen schleichenden Patschen, aber ohne zu braapen. Luft kontrolliert – im Reifen als auch im Dämpfer. Den Trek Fahrwerkskalkulator konsultiert. Alles korrekt. Erst 20 psi mehr im Dämpfer ließen das Wegschwimm-Gefühl in Kompressionen schwinden. Es muss also am Hight Pivot-Konzept und dem sich längenden Hinterbau liegen. Damit einher ging, dass ich bei kurzen Kurven, die man aus den Beinen drückt (wie z.B. Catch Berms), gefühlt einen etwas weiteren Radius hatte, als mit mir vertrauten Hinterbaukonzepten. Im Gegenzug dazu ging dafür die Traktion nie aus. Gewöhnt man sich ausreichend ans Fahrverhalten, kann man sich vermutlich auf ein richtig schnelles Gerät einstellen.

Trek Slash+ Test Anninger Mödling
Macht auch abseits von flowigen Trails eine extrem gute Figur.

Fazit

Das Trek Slash+ ist ein E-Bike für Sportler. Kein Moped, sondern ein waschechtes Enduro-Radl, das mehr Watt kann als man selbst. Ideal für Enduristen, die sich am Trainingstag Körner sparen, aber das Feeling eines normalen Bikes haben wollen oder Leute, die ständiges Surren leid sind.

Trek Slash+ Test
Kein Moped, aber definitiv lustig.
Über den Author

Christoph Berger-Schauer

Dicke Schlappen, schmale Reifen, bergauf, bergab – ist für alles zu begeistern, nur flach darf es nicht sein. Unbekehrbarer Fahrrad-Afficionado, seit einiger Zeit vom Enduro-Virus befallen. Schreibt nieder, was andere nicht in Worte fassen können.

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