Der Phönix aus der Asche

Gerald RosenkranzMaterial, Reise

Pivot Switchblade 2020 29 Gran Canaria

Wenn Pivot auf die steinig, staubigen Trails nach Gran Canaria einlädt, freut man sich nicht nur auf die nötige Portion Vitamin D, sondern ist auch sehr gespannt, welchem Bike man diese Bedingungen zutraut. Wenn dann der Pivot-Boss Chris Cocalis höchstpersönlich ein 160/142mm Bike aus dem Wagen hebt, vermutet man entweder eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein oder ein verdammt gutes Bike. Nach zwei Tagen brutalsten Herbrennens ist klar, beides berechtigt!

Das Switchblade will bewegt werden, egal wo und wie. Foto (c) Stephan Peters

Das Switchblade ist die Neuüberarbeitung eines Bikes mit nahezu Kultstatus und schafft den Spagat zwischen Trail und Enduro. Natürlich wurden Sitzwinkel steiler, Lenkwinkel flacher und und und, aber bei weitem nicht so radikal wie zurzeit beim Rest der Hersteller. Erwähnenswert ist das komplett neue interne Design des Fox-Dämpfers, das nach 1,5 Jahren Entwicklung durch mehr Ölfluss das Rad auf den Boden pickt und trotzdem sportlichen Popp zulässt. Pivot´s DW-Link gegen Squatting, Flip-Chip und Lenkkopferhöhung fürs gleiche Feeling in 27,5 Zoll, saubere Fox Live-Valve Integration, usw. usw., man hat alles bedacht. Oberrohr und Sitzstreben in einer Flucht, Hinterbau curvy, wie eine Coke-Bottle, die beiden Farben „Treeline Green“ und „Horizon Blue“ in Abstimmung mit den goldenen Kashima-Fahrwerken ein Genuss! Während des kurzen Setup-Prozesses bei 25°C im Vorgarten des Italieners „Il Vespino Vecchio“ werden die Zähne ordentlich lang. Der Mechaniker lacht und zwingt mich dazu, mich selbst im Bericht zu zitieren „Woah, des Radl macht mi beim Setup scho feucht!“ Die deutschen Redakteure schauen betreten weg.

Die Fahrt mit dem Mini-Bus wird zu einer der längsten Shuttlefahrten jemals, alle hoffen, dass den Switchblades im Anhänger nicht schlecht wird und spätestens nach der ersten einspurigen Kurve an einer Klippe kommt einem der Gedanke schon jetzt den Helm aufzusetzen. Aber der Fahrer hupt ja jedes Mal, wenn er nichts sieht, also alles gut!

Jordi Bago, ein bekanntes Gesicht in der MTB-Szene und Teilzeit-Kanarier, führt die Gruppe in den ersten Trail, der in Armen und Bike jegliches Blut, bzw. Öl kochen lässt. Steine aller Größen schießen durch Raum und Zeit, und doch scheint sich niemand nach mehr Federweg zu sehnen. Zu spritzig lässt sich das Switchblade um die großen Brocken zirkeln, zu poppig doubelt es über furchteinflößende Wasserrinnen aus scharfem Vulkangestein. Die offene Schotterkurve verlangt eben nach diesem Drift und der Sprung in durch Felsbrocken durchsetzten Sand muss halt auch probiert werden. Schnell wieder rauf zum nächsten Trail, Dämpfer sperren, ein paar Roadies versemmeln, wieder mal ein Panoramafoto machen und schon hat man vergessen, dass man gerade 400 Hm gekurbelt hat.

Foto (c) Stepup Media

Mountainbiken auf Gran Canaria ist ein Erlebnis und das Switchblade macht es erst recht zu einem. Ausgewogen, sportlich, selbstbewusst, sowohl bergauf, als auch bergab – einfach a Gaude – Marco, der Mechaniker lacht über meine teilweise zu euphorischen Kommentare zum Bike und sagt diesmal „ok, bitte schreib das nicht“…

Qualität hat bekanntlich seinen Preis und Pivot lebt das. Direkt nach dem witzigen Launchvideo mit Ed Masters und Matt Walker zeigt uns Chris private Videos aus den Produktionshallen und vom hauseigenen Carbon-Herstellungs-Prozess. Das beeindruckt nicht nur die Tech-Profis aus der Branche, sondern zeigt vor allem, dass Qualität bei Pivot ganz oben steht. Jede Rahmengröße ist unterschiedlich gelayert und dimensioniert, damit die 50-kg schwere Freundin die gleichen Fahreigenschaften wie ihr 37 cm größerer und 42-kg schwererer Freund am Trail erleben darf. Ein eigenes Cable-Port-System verlegt die Leitungen clean und erleichtert das Service, ein Abflussloch unter dem Dämpfer verhindert das klassische Vogel-Bad, sowohl Chainstay-Protection, als auch Lenker und Griffe wurden einfach (aber aufwendig) selbst entwickelt, weil man mit den am Markt existierenden nicht zufrieden war.

Was rauskommt ist ein Trailbike mit irrsinnigem Drang zum Bergabfahren. Pivot schafft es Fahrer und Bike zu einer Einheit verschmelzen zu lassen, man sitzt sowohl runter, als auch rauf neutral und ausgewogen drauf und doch kann man das Switchblade überall mit einer Portion Spaß bergab pressen. Pivot lässt sich weder bei Essen und Lifestyle hier auf der Insel, noch bei der Qualität und Herstellung ihres Rads lumpen, da passt einfach alles. Wer Lust hat, das Bike zu testen, kann zu einem der folgenden Termine das kompetente Pivot Team besuchen und Probefahren – zahlt sich aus.

Über den Author

Gerald Rosenkranz

Macht keine halben Sachen - außer Einrad...

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