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Christoph Berger-SchauerMaterial

Norco Optic

Schön, wenn ein Gegenstand die Meinungen einmal nicht spaltet. Beim Norco Optic sind sich alle einig: es ist einfach nur schön. Die Rahmenform: schön. Die Geometrie, wie es dasteht: schön. Die Farbgebung: zeitlos schön, wie ein Jaguar. Sogar die Form des Lenkers ist schön!

Bevor wir uns komplett in der Optik des Optic verlieren, ein paar Worte zum Radl. Das Norco Optic C1 2021, der Untersatz, den wir diese Saison bewegen durften, ordnen die Kanadier in die Kategorie „Trail“ ein. Das ist federwegsmäßig unter All Mountain. 125mm am Heck, 140mm an der Front. Klingt wenig, ist auch nicht viel. Aber dazu später mehr.

C1 ist die zweit-nobelste Ausstattung des Optic. Carbonrahmen, XTR-Komponenten, OneUp Lenker, Stan’s Flow Laufräder. Noch nobler geht nur mit dem C, dass dann mit Elektronik in den Komponenten aufwartet. Richtig spannend wird das Optic durch die Geometrie. Denn es gibt wenige Radln am Markt die so wenig Federweg mit einer aggressiven Geometrie kombinieren. 65 Grad flacher Lenkwinkel, 76 Grad steiler Sitzwinkel und ein ordentlicher Reach. Interessantes Match.


WWW

Nicht das Internet bekommt man mit dem Optic, sondern eine WienerWald-Waffe. Der kurze Hub gepaart mit einer Enduro-mäßigen Geometrie entwickelt sich zum Raketenantrieb auf einfacheren Trails. Der Wienerwald steht stellvertretend für diese Gattung an nicht zu ruppigen Strecken. Das Norco fährt sich super direkt, lässt sich pumpen und über Wegerl scheuchen. Erst durch die Leichtfüßigkeit dieses Radls merkt man, wieviel unnötigen Federweg man ansonsten meistens durch die Gegend schleppt. Das ist ein bisserl so wie beim Auto. Alle kaufen sich einen Allradler, für die überschaubaren Einsätze im Jahr Leben. Das Optic steht daneben und sagt: ein spritzig abgestimmter Zweiradler macht viel mehr Spaß.

Norco Optic Graz
Haupteinsatzgebiet: Graz.

Weniger Federweg bedeutet auch weniger Spielraum, weshalb man das Fahrwerk ordentlich abstimmen sollte, damit der zierliche Hub am Dämpfer nicht ständig auf Anschlag ist. Echt hilfreich ist dabei der Bike Setup Guide auf der Norco Webseite. Einmal eingstellt marschiert das Radl bergauf und bergab wie ein Duracell Hase nach einem Besuch am Tesla Supercharger. Schluss mit lustig ist erst bei wirklich ruppigen, wurzeligen Trails. Gott sei Dank, denn ansonsten wären Enduro Bikes komplett umsonst erfunden worden. Bis dahin steckt das Optic auch größere Sprünge und Drops weg und vermittelt dank der klassen Geometrie, dass Sicherheit und Stabilität auf deiner Seite sind.

Norco Optic Trailpartie Bruck
Ein bisserl was kann das Optic schon einstecken. Hier bei der Trailpartie in Bruck.
Foto (c) Patrick Wasshuber

Norco Optic C1 MJ2021

Norco Optic
Preis€ 6.899,-
Federweg140mm vorne, 125mm hinten
Laufräder29 Zoll
RahmenmaterialCarbon, Alu (Hinterbau)
Gewichtca. 14 kg
Garantie5 Jahre (Rahmen)
Gleiche LigaRocky Mountain Element, Trek Fuel EX

Technisch ist zum Optic nicht viel zu sagen. Außer, dass es läuft. Wir fahren’s genau so, wie es die Spec-Liste verlautbart. Einen Sattel und einen Schlauch haben wir bisher getauscht. Zweiteres auch nur, weil wir den Tubolito PSENS ausprobieren wollten. Die Shimano XT Nabe am Hinterrad hat uns anfangs ein bisserl stutzig gemacht, da mal ein Freilauf-Geräusch zu hören war, dann wieder nicht. Ist aber komplett normal, wie uns Japan versichert hat. Das Freilauf-Surren findet man zwar in den Semenuk-Videos ganz lässig, aber so ganz ohne Geräusch – im Stealth-Modus – durch den Wald zu schweben, hat was.

Ob man jetzt beim Fox Fahrwerk diese goldene Beschichtung braucht oder nicht, sei dahingestellt. Funktionieren tut’s auch in schwarz gut. Vielmehr gefreut haben wir uns über die kleinen Aufmerksamkeiten, die Norco verbaut hat. Die Deathgrip-Griffe beispielsweise. Der aktuelle Gold-Standard bei Bike-Griffen zurzeit. Oder den OneUp Carbonlenker mit der arg-feschen Formgebung. Über die XTR Bremsen sowieso. Aber auch über die Vittoria Reifen, die man zwar selten auf anderen Bikes sieht, aber richtig fein funktionieren. Praktisch ist auch, dass im Rahmendreieck viel Platz ist und Norco an der Unterseite des Oberrohrs zwei Schrauben als Werkzeughalteraufnahme positioniert hat.


Spaß-Rakete

Wie oben bereits erwähnt: das Optic ist der ultimative Speedy Gonzales bei allem unter Schwierigkeitsstufe schwarz. Am lustigsten ist es auf eher einfacheren, flachen Trails. Verspielt? Ja. Nervös? Nein. Da harmonieren die 125mm am Heck mit der relativ langen Geometrie und den 29er Laufrädern superb.

Hier lässt das Optik den Kameramann durch’s Trailland Miesenbach fliegen.

Wo das Optic wirklich glänzt (und damit ist nicht nur die Glitzer-Lackierung gemeint) sind Jumplines. Dort sollte jeder, der mit einem langhubigen Bike aufkreuzt seine Wahl nochmal überdenken. Wir haben es auch getan. Auf Strecken mit Airtime poppt es sich raus, als würde man auf einem Slopestyle-Radl sitzen, wirkt dabei aber komplett ruhig, auch wenn’s richtig schnell wird. Das ideale Gerät für KendAirline (Hohen Wand Wiese), Free to Be (Trailland Miesenbach) oder die Jumpline im Biketrailpark Lannach. Der unglaublich angenehmen Sitzposition und dem effizienten Antritt ist es geschuldet, dass wir auf den heißen 28 Höhenmetern, die der neue Trailpark hergibt, an einem Tag 1.000 Höhenmeter absolviert haben. Speedy Gonzales war keine Übertreibung.

Seit Februar haben wir uns darum gerissen, wer auf dem Norco sitzen darf. Zuerst war’s auf verschneitem Untergrund im Wiener Raum unterwegs, dann hauptsächlich auf den Trails rund um Graz. Den Schweizuneben Trail in Bruck an der Mur kennt es mittlerweile recht gut – unter anderem durch einen Trailpartie-Einsatz. Das Optic hat uns dermaßen begeistert, dass wir es uns noch länger behalten werden und darum rittern, wer sich mit ihm als nächster über die Wegerl katapultieren darf.


Palmarés

Dinge, die wir mit dem Norco Optic angestellt haben:

Norco Optic Bruck
Die Steiermark kennt es mittlerweile aus allen Winkeln.
Norco Optic Philipp Perz
Auch die Hohe Wand Wiese hat es ein paar Mal gesehen.
Foto (c) Benjamin Hofmann

Fazit

Das Norco Optic zündet den Nachbrenner auf allen Trails, wo nicht „Downhill“ draufsteht. Es zeigt, wie wenig Federweg man braucht um arg viel Spaß zu haben und sagt dank 29er Laufrädern und aggressiver Geometrie: da geht schon noch was. Abgesehen davon ist es wunderschön.

Norco Optic
Bei so einer Lobeshymne wird sogar der Hund neidisch.
Über den Author

Christoph Berger-Schauer

Dicke Schlappen, schmale Reifen, bergauf, bergab – ist für alles zu begeistern, nur flach darf es nicht sein. Unbekehrbarer Fahrrad-Afficionado, seit einiger Zeit vom Enduro-Virus befallen. Schreibt nieder, was andere nicht in Worte fassen können.

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