Foto: saalbach.com, Markus Landauer
Der siebente Mountainbike Kongress Österreich fand vom 3. bis 5. Oktober 2023 in Saalbach statt.
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Update 25.10.2023
Anfang des Monats ging zum siebten Mal der Mountainbike Kongress Österreich über die Bühne und wir mussten offenbar einiges verarbeiten, dass unser Bericht vom Treffen aus Saalbach erst jetzt kommt. Den Sarkasmus ins Eck gestellt, war der Mountainbike Kongress Österreich 2023 wirklich etwas besonderes. Diese Veranstaltung hat sich vom Touristiker-Netzwerk-Event zu einer Bewegung entwickelt, die für Mountainbiker in Österreich wirklich etwas weiterbringen kann – und das zeigte sich heuer mehr denn je.
Tag 1
Das Zusammentreffen im Gebäude des Tourismusverbands Saalbach hat bereits Routine. Ein großer Teil ist Stammpublikum, ein paar Neulinge. Da braucht Organisator Hari Maier nicht mehr viel sagen, damit sich alle auskennen. Die Bühne eröffnete Allegra-Kopf Darco Cazin mit seiner Einleitung zum Thema Werte. Er skizzierte die Destinationsentwicklung auf einer neuen Ebene, nämlich da wo Alltag und Freizeit verschmelzen (und nicht mehr nur auf Urlaub hingefahren wird). Sein Beispiel: Vor einigen Jahren wollten viele Regionen in Europa das neue Silicon Valley sein und haben in alles mögliche investiert um kluge Köpfe anzulocken. Geworden ist es Berlin, wegen seiner Partys. Und Mountainbiken, so Darco, könnte der Party-Faktor für manche Regionen sein.
Werte steckte im ganzen ersten Tag, der unter dem Motto „Wert(e)schöpfung“ lag. Also nicht nur Knödel aus den Gästen ziehen (das wäre vl. ein Thema für den ersten Mountainbike Kongress gewesen), sondern etwas nachhaltigeres als Zahlen Konten zu erschaffen. Da hatte Anna Kleissner die passende Präsentation parat. Nämlich wie wichtig Sportvereine in Österreich sind. 14,5 Mal so wichtig, hat sie mit ihrem Team errechnet. Salopp gesagt sind alle Effekte aus dem Ehreamt im Sport 14,5 Mal so viel wert, wie hineingesteckt wird (Social Return on Investment). Nur auf das Radfahren fehlt zwar einiges an Zahlenmaterial. Das was man aber hat, ist beeindruckend: 3,7 Mrd. Euro Umsatz, 2,9 Mrd. Euro Wertschöpfung und 46.000 direkt beschäftigte Jobs. Anna Kleissner stellt dem Mountainbiken im Speziellen eine gute Diagnose aus: Im Lebenszyklus einer Sportart befindet sich Biken am aufsteigenden Ast, hat sein Zenit-Plateau noch nicht erreicht. In die gleiche Kerbe schlägt Hari Maier: Es sind hoffnungsvolle Zukunftsaussichten, denn in den Städten ist das Fahrrad Teil des Lebens. Die Vorteile vom Biken muss man den anderen Gesellschaftsgruppen nur noch schmackhaft machen. Und Visionär Darco Cazin stellt fest: „Wir sind am richtigen Weg, aber wir glauben nicht an das, was wir tun.“
Dann kamen wir zum Thema, das uns am meisten begeisterte. Mountainbiken in Österreich strategisch gedacht. Dieter Brosz vom Sportministerium brachte letztes Jahr mit seinem Statement am Schluss die Situation des Bikens im Lande auf den Punkt. Heuer war er schon mit Fortschritts-Nachrichten gekommen. Im Mai fand ein Koordinationstreffen der Länder statt und ein Ministerratstext mit Bekennung zum Mountainbiken wurde verfasst. Eine Strategie mit Bekenntnis zur Lösung „Angebotserhöhung“ soll verfolgt werden. Der Fokus wandert damit vom Tourismus zur Naherholung. Eine Koordinationsstelle soll geschaffen werden mit dem Ziel, eine Vereinheitlichung (und damit Vereinfachung) in den Ländern zu schaffen.
Die nachfolgende Podiumsrunde aus Dietmar Emich (Salzburg), Lisa Ribarich (ambi), Dieter Brosz (Sportministerium), Johannes Prem (Land- & Forstwirtschaftsministerium) und Hari Maier vertiefte das aufgemachte Fass der nationalen Mountainbike Strategie. Diese basiert auf einem Green Paper von ambi (austrian mountainbike institute) mit vier Säulen: 1) Kommunikation, 2) Grundeigentum, 3) Community und 4) Harmonisierung von Regeln. Die zuvor angesprochene Koordinationsstelle wird von vier Ministerien gestützt. Sie soll ein Ansprechpartner für Medien sein und relevante Infos liefern (Brosz) und eine Plattform entwickeln, auf der auf höhrere Ebene mit den unterschiedlichen Interessensgruppen diskutiert wird (Prem). Wichtig dabei: die Realität nicht aus den Augen verlieren und keine (aktuell) unrealistischen Forderungen (Stichwort generelle Freigabe) verfolgen. Denn besonders auf Seiten der Forstwirtschaft hat man es mit einer konservativen und langfristig (in Jahrzehnten denkenden) Lobby zu tun und in der Prio-Liste rangiert man auch nicht ganz oben („Im Alltag eines Waldbauern kommt Biken nicht vor“). Dennoch sind die Zeichen positiv, man will Lösungen suchen und Verständnis finden (z.B. durch die Integration von Freizeitwirtschaft in Forstausbildungen. „So weit wie jetzt waren wir noch nie“, konstatiert Hari Maier, mit einem Zug zum Abschluss, wie wir ihn noch nicht erlebt haben, und schupft die Vision vom Maschinenring in den Raum, der in Zukunft Hand an die „Trails close to home“ legt.
Frischen Input abseits vom Biken lieferte an Tag 1 Momo Maximilian Feichtinger mit seinem Vortrag über KI (künstliche Intelligenz) Potenziale. Viele Tools in kurzer Zeit mit unglaublichen Möglichkeiten ließen die Köpfe rauchen und sehr viele neue URLs in den Browser-Verläufen Einzug halten.
Tag 2
Der Mittwoch stand im Zeichen des Guidings. Da tut sich einiges. Unser Ex-Kolumnist Peter Schrottmayer sitzt da an den Schalthebeln im ÖRV und hat das neue Guiding Modell entwickelt. Passé sind damit ab sofort der sportliche Wissenstand aus den 90ern und es halten moderne Fahrtechnikmethoden Einzug. Die Ausbildung wird auch etwas umfangreicher. Jene Guides, die das neue Ausbildungsmodell absolvieren, können sich ein Siegel von der Interessensvertretung Bikeguides (IV-BG) des ÖRV holen. Jene, die eine Ausbildung im bisherigen System absolviert haben, können mit überschaubarem Aufwand ihr Wissen aktualisieren. Näheres dazu gibt’s in Kürze in einem Artikel vom Mastermind, Peter Schrottmayer, himself auf dieser Webseite.
Das theoretische Guiding-Wissen wurde dann gleich mit einer Ausfahrt auf den Klassikern von Saalbach ausprobiert. Manche Kongress-Teilnehmer kamen dabei in den Genuss von Helmen mit Interkomm-System, was für die Unterhaltsamkeit noch zusätzlich zuträglich war. Abseits vom Biken ging’s in zwei Workshops um „Konflikte meistern“ und „Wer bremst das Wachstum?“, während sich die Mountainbike-Landeskoordinatoren vernetzten, bevor es zum legeren Abendessen (und netzwerken) auf’s Spielberghaus ging.
Tag 3
Ein Tag für Infrastruktur und Community. Einerseits wurde diskutiert, wo Natur- und wo Freizeitraum beginnt, ist und aufhört. Dazu am Podium der Alpenverein (Rene Sendlhofer-Schag), die Hochschule für angewandtes Management (Manuel Sand), der MTB Club Freiburg (Mirjam Milad) und Hari Maier. Kurz und knapp: Es braucht mehr Aufklärung, aber eigentlich hält ist die umwelttechnische Auswirkung von Mountainbiken überschaubar.
IMBA Europe in Foirm von Mark Torsius läutete den Community-Block ein, für den dann fast die Zeit ausging, weil er so intensiv diskutiert wurde. Mark hatte noch den leichten Part vorzustellen, was die IMBA Europe macht. Nämlich das Mountainbiken an die breitere Gesellschaft zu bringen und Wissen zu transportieren. Michael Brugger tat dasselbe für die Trail.Foundation aus der Schweiz, die im Gegensatz zur IMBA Europe eine nationale Organisation sind. Und dann wurde unter dem Titel „IMBA Österreich: relevant und wirksam?“ diskutiert, ob es eine österreichweite Community-Vertretung der Biker braucht – hier auch mit LINES-/Trailpartie-Beteiligung. Fazit: Ja, braucht’s, vor allem weil die Chancen jetzt etwas zu bewegen gut stehen. Community ist immerhin in der nationalen Mountainbike-Strategie eine Säule und dafür braucht’s eine geeinte Stimme der Mountainbiker. Wissen bündeln, bestehende Initiativen unterstützen/vernetzen und für ein positiveres Image des/der Mountainbiker*in sorgen, das soll sie im Idealfall. Jetzt braucht’s nur noch Wo*menpower, damit das auch passiert. Wer Lust hat da mitzuwirken, der meldet sich am besten unter linestribe@lines-mag.at
Es bleibt: Ein Kongress, der gezeigt hat, das sich gerade viel bewegt (besonders auf höherer politischer Ebene), das Mountainbiken unglaublich viele Benefits hat, die der Allgemeinheit kund getan werden müssen, und die Mountainbiker*innen selbst jetzt Hand anlegen und aktiv werden müssen. Denn das Chancenfenster wird nicht ewig offen bleiben. In diesem Sinen, packen wir an!
Vorbericht
In der ersten Oktober-Woche treffen sich Leute, die das Mountainbiken in Österreich voranbringen wollen, zum bereits siebenten Mal beim Mountainbike Kongress. Drei Tage lang wird Vorträgen gelauscht, diskutiert und genetzwerkt. Initiator Hari Maier hat sich diesmal wieder hochkarätige Protagonisten eingeladen. So werden Vertreter von gleich zwei Ministerien (Sport sowie Land- und Forstwirtschaft) vertreten sein und auch internationale Speaker wie Mark Torsius von der IMBA Europe werden auf’s Podium gebeten.
Der Dienstag steht unter dem Thema Wert(e)schöpfung, wo es vor allem darum gehen wird, wie ein erfolgreiches Business Modell im Bike-Trail-Sektor aussehen kann und wie man seine Besucher überhaupt zählt.
Tag 2 steht im Zeichen der Mountainbike Guides. Peter Schrottmayer wird u.a. das neue Guiding Modell vom ÖRV vorstellen.
Der letzte Tag wird aus unserer Sicht besonders spannend, denn der ist Infrastruktur & Community gewdimet. Da werden einerseits Projekte wie der Singletrack Haus-Aich vorgestellt und über die Verwaltung von Bikeparks geplaudert. Andererseits Community-Vorbilder wie die Trail Foundation und IMBA-Europe vorgestellt, bevor zum Schluss darüber diskutiert wird, ob’s eine IMBA Österreich-Vertretung braucht.
Wir werden unsere Erkenntnisgewinne live auf Instagram vom Mountainbike Kongress Österreich kund tun und nach dem Kongress eine Zusammenfassung genau an dieser Stelle veröffentlichen.
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