Fotos: Markus Gutschi
Die Familie Gutschi ist ein bikebegeistertes Quartett aus der Südsteiermark. Die Eltern – Ingrid (45) und Markus (43) – angetane Radlfahrer, die Kids – Anika (12) und Janik (10) – auch bereits voll mit dem Fahrrad-Virus infiziert. Ein Camping-Bikepark-Trip brachte die Familie auf Bergab-Kurs, weshalb sie 2025 auf ihre erste Gravity Card-Saison zusteuert. Papa Markus lässt uns an der Reise teilhaben.
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Der Duft der Bergbahn, neues Setup, neue Abenteuer
Im letzten Beitrag habe ich anfangs das Rattern der Westgipfelbahn erwähnt. Man nimmt das Geräusch oft nicht wirklich wahr. Es gehört aber definitiv zum Besuch eines Bikeparks dazu, genauso wie der Geruch der Gummimatten, wenn man die Talstation betritt. Klingt vielleicht etwas seltsam, aber wer mit seinem Bike schon mal vor einem Drehkreuz in der Schlange stand, weiß genau was ich meine. In den letzten Jahren gingen wir durch einige dieser Kreuze, die einem den Zutritt in eine ganz besondere Welt verschaffen. Eine Welt, in der man dem Alltag entkommt, seinen Gedanken freien Lauf lässt und einfach in den Moment eintaucht. Zumindest fühlt es sich für uns so an.
Aber genug von dieser sanften Nostalgie. Wir sprechen hier vom abwärts orientierten Biken. Und dass es hier zur Sache bzw. an das Material geht, war uns auch sofort klar. Es war also Zeit für bikeparktaugliche Fahrräder. Man hört und liest ja des Öfteren, dass ein leichtes Hardtail mit einer guten Federgabel und etwas weniger Luft in den Reifen völlig ausreichend sein sollte, wenn Kinder einen Trail bergab in Angriff nehmen. Ich sah das eigentlich auch so, zumindest solange bis es etwas „ruffer“ wurde. Auf Trails mit steilen Passagen, Wurzeln und vor allem Bremswellen kamen meine Kids mit ihren Hardtails durch das ständige „Durchschütteln“ jedoch immer wieder an ihre Grenzen. Würde ein Umstieg auf ein Fully mehr Sicherheit und Komfort bedeuten und dadurch für mehr Konzentration und Ausdauer sorgen? Oder sieht es bei den Kleinen einfach nur genial aus und sorgt für eine leere Geldtasche? Letzteres stimmt auf jeden Fall. Ein „gut gefedertes Mountainbike“ für Kinder ist definitiv das Gegenteil von günstig. Gut gefedert heißt nämlich nicht „Wow, da ist auch hinten eine Federung drinnen“ sondern „Wow, da sind für das geringe Fahrergewicht optimierte, über den Luftdruck einstellbare Dämpfer und Gabel in einem speziell für Kinder angepassten Rahmen mit optimierter Geometrie verbaut.“ Und da im Grunde die gleichen Komponenten wie bei einem „großen“ Bike in der Ausstattungsliste stehen, findet man sich hier auch nahezu im selben Preissegment wieder.
Das richtige Material finden
Noch vor einigen Jahren gab es nur eine Handvoll Hersteller für hochwertige Kinderbikes, und die Auswahl war entsprechend begrenzt. Bei uns kam noch dazu, dass wir nicht ausschließlich in Bikeparks unterwegs waren. So hieß es auch noch, auf das Gewicht zu schauen. Die eine oder andere Tour vor der Haustüre sollte ja auch noch machbar sein. Zumindest war das mal der Plan. An dieser Stelle möchte ich auf eine ganz große Gefahr hinweisen, die von Bikeparks ausgeht. Die Verwöhntheit, den Berg mit einer Gondel oder einem Schlepplift hinaufzufahren, stellt sich nach 1-2 Besuchen sofort ein und könnte für längere Zeit anhalten.
Mittlerweile hat sich der Markt enorm entwickelt. Die große Auswahl ermöglicht es Eltern einfacher, passendes Equipment zu finden. Ebenso hat sich über die Jahre ein guter Gebrauchtmarkt entwickelt, der den Einstieg in den Sport für viele erleichtert. Ich möchte es aber nicht schönreden oder verschweigen. Die beiden Mondraker Factor plus neuer Ausrüstung lagen damals bei rund 5.000 Euro. Klingt viel, ist es auch. Wir finden aber, dass man nicht jedes Streaming-Abo haben, jedes neue iPhone anschaffen oder ständig ein neues Auto fahren muss. Viel lieber investieren meine Frau und ich in unsere Kinder und ihre Leidenschaft, damit sie in der Natur unterwegs sein können, sich sportlich betätigen und Erinnerungen sammeln, die länger halten als jedes neue Gadget.
Home of Lässig = Home of Bike
Und jetzt stehen wir wieder hier am Schattberg. Im Hintergrund das leise Rattern der Westgipfelbahn, die mit jeder ankommenden Gondel weitere Gleichgesinnte auf den Berg bringt. Wir sind hier, wo ich im ersten Artikel damit begonnen habe, in Erinnerungen zu schwelgen. Kaum zu glauben, wie die Zeit verging. Ehrlich gesagt, kann ich gar nicht mehr sagen, wie oft wir schon in Saalbach bzw. Hinterglemm waren. Obwohl wir weniger Fahrzeit von zu Hause bis ans Meer hätten, sind wir immer wieder im „Home of lässig“ anzufinden. Und ja, wir sind wirklich gern hier. Man fühlt sich hier als Biker so willkommen wie selten wo. Alles ist auf das Mountainbiken ausgerichtet und optimiert. Super gepflegte Trails in jeder Schwierigkeitsstufe, Pumptracks, Bagjump und für die Kleinsten gibt es sogar einen eigenen „Learn to Ride Park“. Man findet freundliche, hilfsbereite Mitarbeiter an den Liften, tolle Hütten zum Einkehren sowie einen ganz besonderen Flair in den Ortschaften selbst. Nächtigt man im Tal, sind sogar zwei Fahrten pro Tag mit dem Bike in der Gondel inkludiert. Ein Tipp ist natürlich das jährliche GlemmRide Festival mit Masters of Dirt Show, kleiner Expo, lässigen Side Events, Ausfahrten und coolen Konzerten am Abend. Sollte man als begeisterter Mountainbiker einmal gesehen haben. Und mit etwas Glück kommen die Kinder auch ganz nahe an ihre Idole ran oder treffen vielleicht Fabio Wibmer in den Trails.
Proving Grounds: Wexl Trails
Apropos Trails. Wer vorhat, mit Kindern, egal in welchem Alter, erste Trailerfahrungen zu sammeln und im Süden Österreichs lebt, wird sich früher oder später auf den Wexl Trails wiederfinden. Meiner Meinung nach das Vorzeigeprojekt eines Bikeparks außerhalb großer Skidestinationen. Mit dem easyLOOPsystem am Schlepplift kommt man „kinderleicht“ an den Start. Ok, ehrlich gesagt brauchten wir ein paar Anläufe. Mit leicht angezogenen Bremsen im flachen Bereich der Lifttrasse kamen dann auch meine Kleinen nach oben. Beim Ausstieg ging es dann mit etwas treten noch leichter von der Hand bzw. vom Lift und dann gleich mal in die Trails. Flowtrail, Singletrail, Getränke von der Mama, Flowtrail, Flowtrail, Singletrail oben, Flowtrail unten, Getränke von der Mama, Bergabradweg, Flowtrail und so weiter. Die kurzen Abfahrten machen total Spaß. Die beiden kleinen Shredder kamen hier voll auf ihre Kosten. Von der Lounge aus hat man einen guten Überblick auf den Mini Bikepark samt Mini Jumpline und so konnten sie sogar teilweise alleine ihre Runden drehen.
Vom Gefühl her haben beide in den letzten Jahren in den Wäldern von St. Corona viel Erfahrung sammeln können. So stellte sich heraus, dass Anika lieber technische Trails, wie den Singletrail, in Angriff nimmt und Janik gerne Airtime sammelt. Was das angeht, ziehe ich bereits den Kürzeren. Ich würde ehrlich gesagt auch gerne so springen können wie mein Kleiner. In der Theorie verstehe ich die Sache ganz klar. Praktisch setzen es meine Kinder weit besser um.
Mittlerweile hole ich mir schon Tipps von meinen Kindern, wenn es in eine Jumpline geht.
Aber es macht Spaß. So richtig Spaß, dass wir voriges Jahr gleich 18x in einem Bikepark waren. Und da die zwei Fahrten pro Tag der JokerCard mittlerweile nicht mehr ausreichen, braucht man nur eins und eins zusammenzählen. Mama, wir brauchen die Gravity Card!
Der Weg zur Gravity Card
Die Aussage stieß gar nicht auf so taube Ohren wie gedacht. Gleich entstand zusammen mit unseren Kindern die Idee, eine Sparkassa anzulegen, zu der auch sie ihren Beitrag leisten wollten. Gesagt, getan. Zu dem Geld, das so nach und nach von uns Eltern eingeworfen wurde, legten sie stolz ihre eigenen Scheine dazu. Das Taschengeld von Omas und Opas sowie die Erlöse aus nicht mehr benötigten Spielsachen wanderten in die Kassa. Und es dauerte eigentlich nicht lange, bis wir eine schöne Summe beieinander hatten. Nebenbei gab es noch den Lerneffekt, wie wichtig es ist, auf bestimmte Ziele zu sparen. Das Ganze war dem Christkind aber komplett egal. Bevor wir die Karten bestellen konnten, hatte es bereits vorgesorgt. Neben einem lässigen, weißen DHaRCO Outfit lagen unter dem Weihnachtsbaum zwei Gravity Cards, die für strahlende Augen sorgten. Naja, der Lerneffekt war wohl nicht ganz so überlegt. Die bereits gesparte Summe wurde jedoch für „Papas Karte“ zur Verfügung gestellt. Yeah! Und was bis zum ersten Bikeparkbesuch noch gespart wird, sorgt wohl für das eine oder andere Mittagessen.
Wir leben in der Südsteiermark, direkt an der Grenze zu Kärnten und Slowenien. Richtige Winter gibt es hier schon länger nicht mehr. Wir haben zwar noch Ski im Keller hängen, bevorzugen jedoch die Dirtbikes für den Pumptrack. Bis auf ein paar wenige Tagen konnten wir diesen den ganzen „Winter“ lang nutzen. Und zum nächsten Skigebiet sind es doch 50 Minuten, zum Pumptrack nur drei. Anika und Janik kennen den Belag dort wie Max Verstappen den Asphalt auf dem Red Bull Ring oder besser gesagt, wenn man den Gummiabrieb untersuchen würde, fände man ganz viel Abrieb von ihren Billy Bonkers. Ich muss schon sagen, mit dem Pumptrack bekamen wir 2021 ein Geschenk von der Gemeinde Eibiswald. Was hier immer abgeht, ist echt genial. Zwischen den Asphalthügeln lernt der supercoole 14-jährige Raphael vom „Nachwuchs Wibmer“ Lorenz aus der Volksschule und umgekehrt. Hier wird spielerisch Kondition aufgebaut, Koordination geübt und gesprungen, was das Zeug her gibt. Spiele wie „Game of Bike“ gehören genauso dazu, wie Zeitmessungen à la Austrian Pumptrack Series. Kleiner Tipp: Will man mal mehrere Tage pumpen, kann man gleich direkt neben dem Pumptrack am Ölspur Campingplatz übernachten. Haben wir auch schon gemacht. So nach dem Motto: Ride, eat, sleep, repeat. Auf alle Fälle ist der Pumptrack ein super Tool, um sich mit Gleichgesinnten zu treffen, etwas zu messen und sich spielerisch auf die Saison vorzubereiten. Und so werden wir es auch heuer wieder machen, bis unsere Gravity Cards das erste Drehkreuz der Saison 2025 öffnen.
Die Erfahrungen dieser Saison und was wir alles erlebt haben, gibt es dann im nächsten Bericht. Bis bald!
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