Rockgardens & Heidelbeerknödel

Florian TischhartGeil wars, Rennen

Česka Enduro Serie – Zadov

Vorbereitung

Nachdem wir bereits letzten Herbst gemeinsam das Enduro Rennen in Špičák gefahren sind, poppte rechtzeitig vor Anmeldeschluss in der Whatsapp Gruppe von damals die Frage auf, ob wir nicht dieses Jahr in Zadov mitfahren sollten. Gegenwehr war kaum bis gar nicht vorhanden, da das letzte Rennen bei mir auch schon wieder fast 10 Monate her ist.

Startplatz und Unterkunft hatten wir längst organisiert, als Tschechien plötzlich von einem Tag auf den anderen seine Einreisebestimmungen verschärfte. Nun ist für alle Einreisenden eine Online-Registrierung Vorschrift, einen Tag vor dem Rennen. Leider ist die Sprachauswahl auf der Website nicht so international wie das Starterfeld der Tschechischen Enduroserie und so kam es zu einer Stresssituation, noch bevor der Sportident Chip sein erstes Piepsen von sich geben konnte. Im Endeffekt hatten wir dann drei unterschiedliche Aufenthalts-Adressen angegeben, von denen wir uns bis heute nicht sicher sind, ob sie existieren.

Training

Volksfeststimmung im Böhmerwald

Vor Ort herrschte bei unserer Ankunft bereits buntes Treiben, da das offizielle Training schon am Freitag begann. Meine beiden Begleiter, das sind Zadov-Veteran Rainer Sendlinger (schon 2014 und 2015 erfolgreich in Zadov mitgefahren) und Blind-Racing Spezialist Clemens Hörl (kürzlich beim Blinduro aufgezeigt), und ich machten uns direkt am Weg zum 4er Sessellift, der uns den Trainingstag erleichtern sollte. Mit dieser Idee waren wir leider nicht allein, dennoch konnten wir die Tageskarte (400 CZK = knapp 16 €) gut ausnutzen. Das Wetter spielte auch mit, daher war am Ende des Tages dann die Müdigkeit der limitierende Faktor.

Rennen

Sämtliche Wetterapps und Regenradars versprachen nasse Verhältnisse für den Renntag, beim Frühstück war es aber noch trocken. Egal, Reifen wechseln kommt sowieso nicht in Frage und auch sonst bleibt die Herangehensweise gleich. Als einzige Österreicher im Rennen machten wir uns auf den Weg zu Stage 1.

Österreichs Vertretung in Zadov
Stage 1

Immer noch im Trockenen ging es an den Start einer Stage, die im oberen Teil sehr flach war, einen zachen künstlichen Rockgarden hatte, bevor es auf landestypisch weicher Erde began, Spaß zu machen. Als Schmankerl gab es einen Felsdrop (> 2 Meter), bei dem die Chicken Line schwieriger war als der Drop selbst. Der untere Teil war ein Genuss, nur am Ende musste man rechtzeitig abbremsen, um nicht frontal in ein Metallgeländer zu krachen. Naja, war eh ein Polster drauf.

Ich versuchte, gut ins Rennen zu finden und nicht direkt oben alle Körner zu verschießen. Es hat sich leicht zurückhaltend angefühlt, der Blick aufs Live Timing änderte meine Meinung. Hat scho passt! Am Ende war es meine beste Stage und P9 in der Elite.

Stage 2

Nun war es so weit, es begann leicht zu regnen. Das änderte aber nichts am Rennen, ging eh jedem gleich. Oben ging es flach los, dann auf frischem Waldboden weiter durch feine Kurverl und schlussendlich vollgas eine Harvesterspur bis ins Ziel. Wieder versuchte ich es gut runterzubringen, was einigermaßen gelang.

Stage 3

Der Regen wurde am Weg zu Stage 3 stärker, hörte aber noch auf bevor wir dort waren. Auch hier war das Muster wieder eindeutig: flacher Start, komischer Rockgarden, dann feiner Trail, nur war diesmal als Schmankerl ein prächtiger Gegenanstieg dabei.

Nachdem ich im Rockgarden leider bissl hängen geblieben bin, konnte ich mit 2 gut besichtigten Inside Lines wieder etwas Zeit gutmachen. Leider habe ich im unteren Teil einen Stein übersehen, der mich in hohem Bogen vom Bike gesniped hat. Ok, aufstehen & weitermachen! Naja, das Bike dürfte mindestens so hart gelandet sein wie ich, Sattel und Lenker waren komplett schief. Nochmal stehen bleiben, mit Grobmotorik richten, dann fertigrollen. Im Ziel überwiegt der Ärger, das hätt echt nicht sein müssen und hat ewig Zeit gekostet. But that’s racing!

Stage 4

Der Transfer ging zunächst an dem Gasthaus vorbei, wo wir am Vortag noch Heidelbeerknödel zur Stärkung gegessen haben (Portion, die für 3 Leute ausgereicht hätte). Dann ging der Transfer am Zielbereich vorbei. Dort nutzte ich die Gelegenheit und schnorrte beim Trek Standl eine Flasche, da sich meine zuvor vom Radl verabschiedet hatte und irgendwo in der tschechischen Botanik liegt. Außerdem war es Zeit für eine Stärkung bei der Labestation, die mit isotonischen und deftigen Spezialitäten gefüllt ist.

Nun aber zu Stage 4, ein relativ flacher Trail aus mehreren Stücken verbunden, somit recht lang, mit einer Steilwand als Schlüsselstelle. Ganz gut durchgekommen, aber der Rückstand auf die tschechische Elite war schon eine Menge.

Stage 5

Wieder stärken (diesmal ein Espresso), dann ein Trail, der mit tricky Stellen prall gefüllt war. Zuerst eine Überfahrt über einen Betonbunker oder whatever das war, es ging auf der Rückseite ziemlich unberechenbar bergab, dann ein Kicker in einer Größe, wie ich ihn noch nie in einem Enduro Rennen gesehen habe. Passte aber stilistisch super zu der alten Skisprungschanze, deren Reste direkt daneben stehen. Weiter ging es mit einigen engen Anliegern in eine steile S-Kurve und am Ende noch ein flaches Stein-/Wurzelfeld. Alles mögliche Fallen, aber ich bin ganz gut durchgekommen, meine zweitbeste Stage im Rennen.

Stage 6

Endlich ging es mit dem Lift bergauf, die Stage hatte super Waldboden, der aber durch den immer wieder einsetzenden Regen ziemlich unberechenbare Querwurzeln zum Vorschein brachte. Dazu kam ein monströser Anstieg ein Stück Skipiste hinauf und dann runter Richtung Ziel.

Der obere Teil verlief gut, aber leider erwischte ich beim Versuch, möglichst viel Schwung in den Anstieg mitzunehmen, mit dem Lenkerende den Streckenbegrenzungsstecken, der sich keinen Millimeter rührte und stattdessen mich zum Abspringen zwang. Mit null Speed und viel zu schwerem Gang musste ich den halben Uphill laufen. Ok, von nun an war Schadensbegrenzung angesagt. Die letzte Kurve hatte noch eine zeitsparende Highline parat, die ich sicherheitshalber im Tripod-Modus absolvierte, bevor ich ins Ziel kam.

Apropos Ziel, dort schaffte ich es, so knapp am Zeitnehmungssensor, der innen in der Kurve stand, vorbeizufahren, dass ich die Regenjacke am Ärmel zerrissen habe. Vielleicht sollt ich doch beim Skifahren bleiben? Nein.

Fazit

Wir waren genau rechtzeitig im Ziel, bevor es voll zu regnen begann. Heilfroh, dass wir es geschafft haben, machten wir uns auf den Heimweg.

Hätte ich es besser machen können? Ja.

Bin ich trotzdem zufrieden? Ja.

Komme ich wieder Mal nach Tschechien zu einem Rennen? Ja.

Am Ende des Tages hatte ich eine Gesamtrennzeit von etwas über 22 Minuten bei gut 25 Kilometer kurbeln und etwas über 1.000 Höhenmeter, plus 180 hm am Sessellift.

Gewonnen hat übrigens der tschechische EWS Profi Milan Mysik, der direkt davor noch in La Thuile im Einsatz war, bzw. die Tschechin Barbora Prudkova. Die Teilnehmer aus Rakousko (tschechisches Wort für Österreich, das wir dank dem Einreiseformular kennen) beendeten das Rennen im vorderen Mittelfeld. Ich belegte Platz 18 in der Elite, Clemens Hörl wurde 22. und Rainer Sendlinger finishte das Rennen auf Platz 15 bei den Masters.

Über den Author

Florian Tischhart

Startnummernsammler, fast so viel im Zug wie am Radl, immer Inside Line.

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